Hintergrund: Das Präsidentenamt in der Türkei

Istanbul (dpa) - Der türkische Staatspräsident spielt bisher im politischen Alltag keine herausragende Rolle. Das liegt auch daran, dass der scheidende Präsident Abdullah Gül sich vor allem auf eine zeremonielle Rolle beschränkte und nicht alle Befugnisse wahrnahm.

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Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will nun Präsident werden und mit einer Verfassungsreform die Macht des Amtes deutlich stärken.

Nach der derzeitigen Verfassung ruft der Präsident das Parlament zusammen und beschließt über Neuwahlen. Gesetze kann er an die Abgeordneten zurückschicken. Verfassungsänderungen kann er zur Volksabstimmung stellen, auch wenn das Parlament sie mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen hat.

Der Präsident kann jederzeit den Ministerrat unter seinem Vorsitz zusammenrufen. Er ernennt den Ministerpräsidenten und auf Vorschlag des Ministerrates auch den Generalstabschef. Im Auftrag des Parlaments - das über Einsätze der Armee entscheidet - ist der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er kann unter seinem Vorsitz den Nationalen Sicherheitsrat einberufen.

Das Staatsoberhaupt ernennt unter anderem die Richter des Verfassungsgerichts. Entscheidungen des Präsidenten können juristisch nicht angefochten werden, auch nicht vor dem Verfassungsgericht.

Bis zu einem Verfassungsreferendum im Jahr 2007 wurde der Präsident vom Parlament gewählt. Jetzt wird er nun erstmals direkt vom Volk bestimmt. Sollte keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit erhalten, steht am 24. August eine Stichwahl an. Der Wahlsieger darf maximal zwei Amtszeiten mit jeweils fünf Jahren Staatsoberhaupt bleiben.

Sollte Erdogan gewinnen, müsste er den Vorsitz seiner islamisch-konservativen AKP aufgeben. „Wenn der designierte Präsident Mitglied einer Partei ist, muss seine Verbindung zu seiner Partei aufgelöst werden“, heißt es in der Verfassung.