Hintergrund: Für und Wider von Hochwasser-Schutzmaßnahmen
Berlin (dpa) - Die Hochwasser-Welle wird erneut gewaltigen Schaden anrichten. Das belebt Diskussionen um den richtigen Schutz. Umweltverbände fordern bereits, die Millionenhilfen der Bundesregierung diesmal an Bedingungen zu knüpfen, beispielsweise keine Baugenehmigungen für Überschwemmungsflächen zu erteilen.
Ein Überblick zum Für und Wider beim Hochwasserschutz:
DEICHE: Sie haben zahlreiche Städte und Gemeinden bei der neuen Flutwelle vor Schlimmeren bewahrt. Doch manchmal stand das Wasser bis zur Oberkante oder schwappte darüber. Die Belastung eines Damms durch den Wasserdruck kann auch so groß, dass er leckt oder reißt. Bernd Ettmer, Wasserbau-Experte an der Hochschule Magdeburg-Stendal, sieht alleinige Deicherhöhungen nicht als ausreichende Lösung an. Viele Deiche seien an der Grenze der Belastbarkeit. Für jeden Meter, den man nach oben baue, brauche man drei Meter in die Breite, sagt er. Ein weiteres Problem: Je mehr Kommunen sich entlang von Flüssen eindeichen, desto schneller wird das Hochwasser - und trifft Gegenden flussabwärts mit noch größerer Wucht.
SCHUTZMAUER: Sie hat mit 6,80 Metern Höhe zum Beispiel die sächsische Stadt Eilenburg neben ihren Deichen diesmal vor der Flut bewahrt. In Grimma dauerte die Diskussion um das Aussehen der Mauer zu lange. Sie war noch nicht fertig - und die Stadt lief ähnlich voll wie 2002. Und im Dresdner Stadtteil Laubegast wehrten sich die Anwohner gegen eine Mauer, die ihnen den Blick auf den Fluss versperren würde. Nun ist das Wasser wieder da. Die Verweigerungshaltung bietet Zündstoff für die Verteilung von Wiederaufbauhilfen. Mauern könnten die Illusion befördern, Bauen an Flussufern ist nicht mehr gefährlich ist.
POLDER: Diese großen natürlichen Ausweichflächen entlang der Flüsse können bei Hochwasser zur Entlastung geflutet werden. Umweltverbände wie der BUND und der WWF sehen aber große Versäumnisse bei der konsequenten Ausweisung dieser Flächen - inklusive Bauverboten und klaren Vorgaben für eine landwirtschaftlicher Nutzung. Das gelte seit 2002 zum Beispiel für die Elbe.
STAUANLAGEN: Sie führten zum Beispiel in Tschechien zu großem Unmut. Die Wettervorhersagen hätten die große Menge der Regenfälle nicht rechtzeitig vorausgesagt, monierten Kritiker. Die ohnehin gut gefüllten Stauseen an der Moldau ließen deshalb nicht rechtzeitig ausreichend Wasser ab - und konnten die Flut nicht auffangen. Politiker nahmen Meteorologen und Wasserwirtschaftler in Schutz. Die Macht der Natur lasse sich halt nicht vorhersagen.
WETTEREINFLUSS: Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung erklärt sich die Häufung von Hochwasser in süd- und ostdeutschen Flüssen auch mit dem Klimawandel. Die Erderwärmung begünstige zum Beispiel Ostwind-Wetterlagen mit starken Niederschlägen. Sie trügen mehr zum Hochwasser mehr bei als die Landnutzung an Ufern, sagte Experte Fred Hattermann der „Frankfurter Rundschau“.