Interview: Polder besser als höhere Deiche
Magdeburg (dpa) - Die Hochwasser-Welle rollt durch Deutschland. An der Saale droht ein Deich zu brechen, in Bitterfeld-Wolfen musste ein Damm gesprengt werden. An anderen Orten sickert das Wasser durch die Schutzanlagen.
Denn sie können einem tagelangen großen Druck nur schwer standhalten.
Warum Deiche nur begrenzt hilfreich sind, erläutert Bernd Ettmer, Wasserbau-Experte an der Hochschule Magdeburg-Stendal, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Muss jetzt in kürzeren Abständen mit neuen Hochwasserkatastrophen gerechnet werden?
Ettmer: „Die Frage muss man sich in der Tat stellen. Der Mensch reguliert seit Jahrhunderten das Wasser. Wir deichen uns immer weiter ein, weil wir immer näher an Flüsse und Seen siedeln. Bei Hochwasser sind die Gebiete heute schneller gefährdet. Ob die Abstände kürzer werden, ist unklar. Aber wir müssen in jedem Fall Konsequenzen daraus ziehen.“
Welche könnten das sein?
Ettmer: „Die Frage ist ja: Ist es der einzige Weg, uns mit Dämmen vor Hochwasser zu schützen? Die Deicherhöhungen sind an der Grenze. Für jeden Meter, den man nach oben baut, braucht man drei Meter in die Breite. Besser wäre es, Polder zu errichten. Das sind flache, weiträumige Gelände, die bei Hochwasser geflutet werden können.“
Warum wird das bisher kaum gemacht?
Ettmer: „Weil die Flächen so gewaltig sein müssten, dass viele sie nicht haben wollen. Denn keiner will sein Land verkaufen. Zudem dauern die Verfahren meist Jahre, wenn es Verstöße gegen Eigentumsrechte oder in Naturschutzgebieten gibt. Da ist die Politik gefragt. An der Mulde werden Polder bereits erfolgreich gemacht.“