Hintergrund: Sanktionen der internationalen Gemeinschaft

Berlin (dpa) - Bedrohen waffenstarrende Diktaturen ihre Nachbarn oder halten sich Herrscher mit Mord am eigenen Volk an der Macht, droht die internationale Gemeinschaft bisweilen mit Sanktionen. Die Wirksamkeit der von Vereinten Nationen oder EU verhängten Strafmaßnahmen ist aber umstritten.

Das französische Wort „sanction“ (Zustimmung, Strafe) ist abgeleitet vom lateinischen „sanctio“ für Heilung, Billigung oder Strafandrohung. Die UN sollen gemäß ihrer Satzung den Frieden erhalten und bewaffnete Konflikte zumindest begrenzen. Verletzt ein Staat völkerrechtliche Plichten - etwa durch Bedrohungen oder Angriffshandlungen - darf die Weltorganisation laut UN-Charta „friedliche Sanktionen“ verhängen.

Sie kann sich für ein Waffenembargo oder andere Handelsbeschränkungen aussprechen, Auslandsreisen von Machthabern verbieten oder finanzielle Restriktionen erklären. In der Vergangenheit blieben Sanktionen oft aus, weil sich die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates nicht einig waren. So verhinderten die Veto-Mächte Russland und China lange Zeit Sanktionen gegen den Iran. Der von arabischen Staaten geforderte Druck auf Israel blieb wiederholt aus, weil die USA ihr Veto einlegten.

Die EU verhängt auch eigene Sanktionen ohne UN-Mandat. Diese „restriktiven Maßnahmen“ sollen den Kampf gegen Terror oder gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie den Schutz der Menschenrechte unterstützen. Die ersten EU-Sanktionen waren im Falklandkrieg 1982 ein Handelsembargo gegen Argentinien. Allerdings waren davon nur Importe aus dem südamerikanischen Land betroffen. Um den Schaden für europäische Unternehmen zu verringern, blieben Exporte nach Argentinien erlaubt.

Bei abgestuften Sanktionen werden oft als erstes Reisebeschränkungen ausgesprochen. Mit einem Einreiseverbot reagierte die EU auf Menschenrechtsverletzungen durch Simbabwes Präsidenten Robert Mugabe. Trotzdem durfte er aber 2003 zum Treffen mit afrikanischen Staatschefs nach Paris und 2005 zur Trauerfeier für den Papst nach Rom kommen. Nach Wahlfälschungen in Weißrussland wurde auch Alexander Lukaschenko die Einreise in die EU verboten. Der Diktator darf nun zwar nicht mehr zum Skilaufen nach Österreich, weitere Wahlfälschungen verhinderten die Sanktionen aber nicht.

Das Einfrieren von Konten macht Diktatoren kaum Probleme, wenn ihnen nach der Ankündigung genug Zeit bleibt, das Geld zu verstecken. Waffenembargos wie von der EU nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung gegen China 1989 oder später gegen den Sudan und Indonesien bleiben dann wirkungslos, wenn die Machthaber Waffen im Überfluss haben und andere Lieferanten bereitstehen.

Zudem achten EU und UN darauf, dass das Volk nicht mehr unter Strafmaßnahmen zu leiden hat als der Herrscher. So verzichtete der Sicherheitsrat 1996 auf ein Flugverbot gegen den Sudan, weil das mehr die humanitäre Hilfe für die hungernden Menschen in der Unruheregion Darfur betroffen hätte als das Regime von Omar Hassan al-Baschir.

Um einen Stopp der umstrittenen Uran-Anreicherung im Iran zu erreichen, setzt die internationale Gemeinschaft seit Jahren auf Sanktionen. 2006 verhängte der Sicherheitsrat erste Strafmaßnahmen, die seitdem mehrfach verschärft und erweitert wurden. Sanktionen der EU gehen noch darüber hinaus. Trotz allen Drucks hält Präsident Mahmud Ahmadinedschad aber am Atomprogramm fest.

Ob Sanktionen die Umsetzung der iranischen Atompläne wenigstens verlangsamen konnten oder die bisweilen in Teheran gezeigte Gesprächsbereitschaft bewirkten, bleibt ungewiss. Ein Ergebnis steht aber fest: Westliche Firmen werden wegen der Handelsbeschränkungen zunehmend vom iranischen Markt verdrängt.

Beim lauten Ruf nach Sanktionen wirken nationale Interessen oft als Schalldämpfer. Bisher konnte sich die EU gegen Libyens Muammar al-Gaddafi nur auf ein Waffenembargo einigen. Weitere Maßnahmen blockierte Italien - zu groß ist dort die Angst vor einem ungebremsten Exodus afrikanischer Flüchtlinge über das Mittelmeer.