Hintergrund: Verwirrung an der Zapfsäule
Berlin (dpa) - An deutschen Zapfsäulen herrscht Verunsicherung: Seit Jahresbeginn können sich die Kunden für den Bio-Sprit E10 entscheiden, viele Fahrer zögern jedoch und lassen die neue Benzinsorte bisher zum Ladenhüter werden.
Neben der Gewohnheit dürfte dies vor allem folgende Gründe haben:
- VERTRÄGLICHKEIT: Dem „Bio-Super“ sind bis zu zehn Prozent Bioethanol beigemischt, das aus Rüben, Mais oder Weizen gewonnen wird. Gut neun von zehn Pkw (93 Prozent) können mit E10 betankt werden. Bei Fahrzeugen deutscher Hersteller sind es nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sogar 99 Prozent. Rund drei Millionen Pkw vertragen den neuen Bio-Kraftstoff jedoch nicht. Bei einigen Modellen können durch den höheren Ethanol-Anteil Motorteile korrodieren und -dichtungen zerfressen werden. Aus Angst vor solchen Schäden sind viele Kunden verunsichert.
- PREIS: Für Halter jener Pkw, die den neuen Sprit nicht verwenden sollten, wird es erst einmal teurer. Denn die Mineralölunternehmen wollen aus Kapazitätsgründen das bisherige Superbenzin mit fünf Prozent Ethanol (E5) und 95 Oktan vom Markt nehmen. Die betroffenen Kunden müssten dann auf das teurere Benzin mit 98 Oktan ausweichen. Bei den alternativen Sorten gibt es schon Engpässe. Doch auch neue E10-Kunden können nicht unbedingt sicher sein, dass der Bio-Kraftstoff dauerhaft günstig bleibt. Denn E10 ist in der Produktion eigentlich teurer als der alte Kraftstoff.
- WENIGER ENERGIE: Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung dürfte sein, dass man mit Biobenzin wegen des höheren Ethanolanteils mehr Treibstoff für dieselbe Strecke benötigt. Experten gehen von einem Mehrverbrauch von bis zu drei Prozent aus.
- NUTZEN FÜR DIE UMWELT: Ob E10 tatsächlich umweltverträglicher ist, wird kontrovers diskutiert. Naturschutzverbände sprechen von einer Mogelpackung. Denn für die Ethanolproduktion seien zusätzliche Ackerflächen nötig, was sogar höhere Kohlendioxid-Emissionen anfallen lassen könnte. Aus Umweltsicht sei „Agrosprit“ nicht besser als herkömmliches Benzin.