Hintergrund: Zwei Wochen nach dem Beben in Japan

Tokio (dpa) - Seit zwei Wochen kämpft Japan mit den Folgen von Erdbeben, Tsunami und dem Atomunfall.

Hier eine Zwischenbilanz der Katastrophe:

OPFER:

Die Zahl der Toten liegt jetzt auch offiziell über 10 000. Rund 17 500 Menschen gelten noch als vermisst. Die Zahlen dürften weiter steigen. Zur Zahl der Obdachlosen gibt es nur Schätzungen: Zwischenzeitlich sollen es 500 000 gewesen sein.

REAKTOREN:

Der Zustand der havarierten Reaktoren 1 bis 4 ist unverändert dramatisch, ein wirklicher Durchbruch ist nicht in Sicht - im Gegenteil. Experten vermuten, dass Brennstäbe zumindest teilweise geschmolzen sind. Zwar hängen alle sechs Blöcke wieder am Stromnetz. Die Kontrollräume funktionieren aber ebenso wenig wie die Kühlsysteme. Gekühlt wird weiter mit Wasserspritzen, wegen hoher Strahlung müssen sich die Einsatzkräfte immer wieder zurückziehen. Stärker verstrahlt wurden laut dem Betreiber Tepco bislang 17 Arbeiter. Japanische Medien berichten, Techniker würden massiv unter Druck gesetzt, um an der Ruine zu arbeiten.

NAHRUNG UND TRINKWASSER:

Die Strahlung im Leitungswasser mehrerer Regionen liegt über dem für Babys zugelassenen Wert von 100 Becquerel pro Liter. An einzelnen Orten darf überhaupt kein Leitungswasser getrunken werden. Vielerorts in Japan wurden Trinkwasser-Flaschen knapp. Bei Gemüsesorten wie Spinat, Brokkoli und Kohl wurde erhöhte Radioaktivität festgestellt. Das Ausland verhängte Lieferstopps oder kontrolliert die Waren schärfer. Die EU verlangt von Japan Tests und Unbedenklichkeits-Zertifikate.

EVAKUIERUNGSZONE:

Seit Tag 2 der Katastrophe gibt es eine Evakuierungszone um das AKW Fukushima: Zunächst wurden die 45 000 Einwohner im Umkreis von zehn Kilometern zum Weggehen aufgefordert, nur Stunden später wurde der Kreis auf 20 Kilometer ausgeweitet. Noch immer harren Menschen in der Evakuierungszone aus - vor allem Alte, die nicht flüchten wollen. Ihre Zahl ist nicht bekannt. Viele Experten meinen, die Zone sei viel zu klein. Die Regierung empfiehlt seit Freitag den Bewohnern im 30-Kilometer-Umkreis, freiwillig zu gehen.

FLÜCHTLINGSLAGER:

Noch immer sind 240 000 Menschen in Notunterkünften untergebracht. Am Freitag berichteten Medien von 1900 Unterkünften, häufig sind es Sporthallen, Schulen und Gemeindezentren. Viele Not-Herbergen sind trotz der winterlichen Temperaturen nicht geheizt, es mangelt an Decken, Lebensmitteln und Medikamenten.

POLITIK:

Seine Regierung tue ihr „Äußerstes“, versicherte Ministerpräsident Naoto Kan im Fernsehen. Ins Krisengebiet ist er - trotz Ankündigung - bisher nicht gereist. Kan ist für die Fernsehzuschauer nur selten zu sehen. Dagegen tritt Regierungssprecher Yukio Edano oft mehrmals täglich auf und berichtet über Fortschritte und Rückschläge. In zwölf japanischen Präfekturen läuft der Wahlkampf für Gouverneurswahlen am 10. April - die Abstimmung gilt als wichtige Vorentscheidung für die Zukunft der Regierung.

WIRTSCHAFT:

Für die japanischen Konzerne wird die Katastrophe zu einer immer größeren Bürde. Bei Toyota etwa steht die Endmontage seit dem 14. März still, der Konzern musste den für Ende April geplanten Verkaufsstart eines neuen Hybrid-Fahrzeugs verschieben. Auch andere Konzerne haben Mühe, Teile herbeizuschaffen. Transportwege sind zerstört, Fabriken von Zulieferern sind beschädigt. Am 11. April wird der Internationale Währungsfonds (IWF) neue Wachstumsprognosen veröffentlichen - für Japan wird mit einer drastischen Korrektur nach unten gerechnet.

SCHÄDEN:

Die japanische Regierung schätzt den gesamten Schaden an Gebäuden und Straßen auf rund 200 Milliarden Euro. Die finanziellen Folgen der Atom-Katastrophe sowie volkswirtschaftliche Schäden infolge des zu erwartenden konjunkturellen Einbruchs sind unbekannt. Der Internationale Währungsfonds meint dennoch: Das reiche Japan verfüge über genügend Rücklagen, um den Wiederaufbau zu finanzieren.