Kabinett billigt Zuschuss für Pflege-Zusatzversicherung
Berlin (dpa) - Schwarz-Gelb will die steigenden Pflegekosten abfedern. Die Bürger sollen sich zusätzlich privat absichern. Opposition, Arbeitgeber und Gewerkschaften winken ab, auch die Versicherer äußern Kritik.
Wer eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließt, soll dafür im Monat fünf Euro Zuschuss vom Staat erhalten. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch und stimmte damit dem in der Koalition bis zuletzt umstrittenen Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zu.
Erst Anfang der Woche hatten sich die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP nach monatelangen Diskussionen darauf verständigt. Bahr und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wiesen Kritik von Opposition, Arbeitgebern und Gewerkschaften zurück.
Der Gesetzentwurf soll im Eilverfahren bis zur Anfang Juli beginnenden Sommerpause über die parlamentarischen Hürden gebracht werden. Im Bundesrat ist die Neuregelung nicht zustimmungspflichtig. Für den Pflege-Zuschuss sind 100 Millionen Euro im Bundeshaushalt eingeplant. Das reicht für knapp 1,7 Millionen Verträge. Die Neuregelung soll Anfang 2013 in Kraft treten.
Mit der Zuschussvariante sollen - anders als bei einer Steuer-Lösung - auch Bezieher kleiner Einkommen in den Genuss der staatlichen Förderung kommen. Die an der Riester-Rente angelehnte Förderung soll nach dem Willen der Regierung angesichts des zunehmenden Pflegerisikos Anreize für mehr Eigenvorsorge geben.
Bahr nannte die Förderung der kapitalgedeckten Eigenvorsorge „eine notwendige und sinnvolle Ergänzung. Sie sorgt auch dafür, dass die Pflegeversicherung demographiefest und stabil wird“. Die Finanzierung werde damit auf eine zweite Säule gestellt. Auch Geringverdiener könnten künftig mit kleinen Beiträgen und dem staatlichen Zuschuss Pflegevorsorge betreiben, sagte er im ARD-Morgenmagazin.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann (SPD), warf der FDP „Klientelpolitik zugunsten der Besserverdienenden und der Versicherungswirtschaft“ vor. „Die Zuschüsse zur Pflegeversicherung sind das Schweigegeld, mit dem die Zustimmung der FDP zum Betreuungsgeld erkauft wird.“
Hasselfeldt wies die Kritik zurück. Das System der geplanten Förderung für die Pflege-Zusatzversicherung sei das gleiche wie bei der Riester-Rente. „Was damals - von der SPD initiiert, von uns mitgetragen - gut war, das kann doch jetzt nicht schlecht sein“, sagte sie im Deutschlandfunk.
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt kritisierte die Reform als unwirksam. „Die geplante Förderung der privaten Pflegevorsorge ist kein Beitrag, um die nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung zu sichern“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Mittwoch). Für DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach ist die Fünf-Euro-Förderung eine politische Bankrotterklärung.
Massive Kritik äußerte auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Wegen der rigiden Vorgaben - die Versicherer müssen jeden ohne Gesundheitsprüfung aufnehmen - drohten die geförderten Produkte so teuer zu werden, dass sich nur noch diejenigen versichern, bei denen ein hohes Risiko der Pflegebedürftigkeit vorliegt, sagte ein GDV-Sprecher der dpa. Die Politik müsse „ordnungspolitisch dringend nachjustieren“.