Karstadt-Chef: Es droht keine Schließungswelle

Essen (dpa) - Die Sanierung von Karstadt kostet im Nachhinein 2000 Arbeitsplätze. Unmittelbar vor Auslaufen des Sanierungstarifvertrages kündigte der Warenhauskonzern den Stellenabbau an.

Karstadt-Chef Andrew Jennings begründete die Einschnitte mit dem Konzernumbau und einem schwierigen Geschäftsumfeld wegen der Euro-Krise. Die Zahl der Karstadt-Filialen soll hingegen unverändert bleiben. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte den Jobabbau als ein völlig falsches Signal an die Belegschaft und die Kunden. Die insgesamt 25 000 Beschäftigten hätten bereits erheblich zum Umbau des Essener Warenhauskonzerns beigetragen.

„Wir machen das nicht, weil wir das wollen, aber aus geschäftlicher Sicht haben wir keine andere Wahl“, sagte Jennings vor Hunderten Mitarbeitern der Konzernzentrale in Essen. „Gemeinsam können wir das Unternehmen nach vorn bringen“. Er betonte, dass der Abbau so sozialverträglich erfolgen solle wie möglich beispielsweise durch den Wegfall zeitlich befristeter Stellen. Die Rede von Jennings im Eingangsbereich der Zentrale verfolgten viele Mitarbeiter, die auf Treppen und Emporen über zwei Etagen standen. Betroffenheit herrschte auch unter den Mitarbeiter in den Filialen. Kaum eine Verkäuferin wollte sich aber zu den Stellenplänen äußern.

Jennings betonte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“, Dienstagausgabe), dass der Konzernumbau in einem schwierigen Umfeld stattfinde. „Aber wir leiden nicht nur unter komplexen und ineffizienten Altstrukturen, sondern befinden uns auch im wirtschaftlich schwierigen Umfeld der Eurokrise.“ Es drohe allerdings keine Schließungswelle bei den Karstadt-Filialen. „Es gibt derzeit keine Pläne dazu“, sagte er der „FAZ“. Alle Häuser lieferten gegenwärtig einen positiven Ergebnisbeitrag. Auch ein Teilverkauf, etwa die Trennung von den Premium-Filialen, sei nicht geplant.

Karstadt war 2009 in die Insolvenz gerutscht und dann ein Jahr später von dem Investor Nicolas Berggruen übernommen worden. Zur Rettung des Unternehmens hatten die Karstadt-Mitarbeiter zeitlich befristete Kürzungen beim Gehalt in Kauf genommen, die Vermieter der Häuser stimmten Mietsenkungen zu. Der Sanierungstarifvertrag läuft nun Ende August 2012 aus, dann werde Karstadt wieder zum Flächentarifvertrag des Einzelhandels zurückkehren, sagte Jennings. Das Mietniveau der Häuser sei hingegen dauerhaft gesenkt worden.

Konkrete Zahlen zur Ertragslage des Unternehmens wollte Jennings nicht nennen. Karstadt mache aber sehr gute Fortschritte und sei auf dem richtigen Weg. Bis 2015 würden 60 der 83 Häuser neu aufgestellt, sagte er in der „FAZ“. Heute seien bereits 24 Filialen modernisiert worden. Bislang habe Karstadt 160 Millionen Euro investiert in die Häuser, neue Technologien und bessere Infrastruktur. Das gesamte Investitionsvolumen belaufe sich auf 400 Millionen Euro.

Der Stellenabbau soll bis Ende 2014 in zwei Phasen erfolgen. Geplant seien Frühpensionierungen, die Nichtverlängerung von befristeten Verträgen sowie der freiwillige Austritt von Beschäftigten aus dem Unternehmen. Verdi fordert dagegen, statt Stellen zu streichen, müssten die Unternehmensführung und Investor Nicolas Berggruen mehr Geld in die Modernisierung investieren.

Mit dem Arbeitsplatzabbau reagiert Karstadt nach Ansicht des arbeitgebernahen Handelsinstitutes EHI sowohl auf den steigenden Kostendruck als auch auf eine getrübte Konsumstimmung. „Karstadt zieht Plan B“, sagte EHI-Geschäftsführer Michael Gerling der dpa. Das Auslaufen des Sanierungstarifvertrages mit Mehrkosten in Millionenhöhe müsse ein Anlass sein, die Unternehmensplanung zu überprüfen. „Wenn es gut läuft, kann man die Mitarbeiter halten. Wenn die Konjunktur sich dreht, müssen Maßnahmen ergriffen werden.“