Kein klarer Sieger im TV-Duell
Berlin (dpa) - War Peer Steinbrück überzeugender oder Angela Merkel souveräner? Am Tag nach dem TV-Duell arbeiten die Meinungsmacher der Parteien auf Hochtouren. Das müssen sie auch - denn nach den ersten Umfragen sind die Zuschauer unsicher.
Die politischen Lager ringen nun um die Interpretationshoheit. In Pressekonferenzen wollen alle fünf Bundestagsparteien ihre Sicht auf den Schlagabtausch unter die Medien bringen.
Beim einzigen TV-Duell vor der Wahl hat es laut Umfragen am Sonntagabend keinen eindeutigen Sieger gegeben - der bisher abgeschlagene SPD-Herausforderer Peer Steinbrück konnte aber Boden gutmachen. Während Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach einer ZDF-Befragung klar und bei RTL hauchdünn vorne lag, hat Steinbrück nach der ARD-Erhebung deutlich gewonnen. In der ARD war von einem „Etappensieg“ für Steinbrück die Rede. Auch im ZDF hieß es, der SPD-Mann habe trotz Niederlage im Duell insgesamt aufgeholt.
Insgesamt war die 90-minütige Debatte, die im Fernsehen und im Internet von einem Millionenpublikum verfolgt wurde, sehr sachlich verlaufen. Angesichts des klaren Rückstands in allen Umfragen ging Steinbrück von Beginn an in die Offensive. Der SPD-Kandidat machte Merkel für „Stillstand“ verantwortlich. Als Kanzler werde für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. „Mein Plan von Deutschland ist: Gerechter und deshalb stärker.“ Merkel hingegen verteidigte ihre schwarz-gelbe Koalition. „Wir haben gezeigt, dass wir es können - und das in einer schwierigen Zeit.“ Deshalb wolle sie das Bündnis mit der FDP auch fortsetzen.
Das Duell galt für den SPD-Herausforderer als möglicherweise letzte Chance, vor dem 22. September doch noch einen Stimmungswechsel zu schaffen. Immer wieder versuchte Steinbrück, Merkel aus der Reserve zu locken. Die CDU-Vorsitzende ging darauf jedoch nicht ein. Beide sprachen sich direkt an. Bislang hatte Merkel im Wahlkampf ihren Herausforderer ignoriert.
Erwartungsgemäß zeichneten Kanzlerin und Kandidat ein völlig unterschiedliches Bild des Landes. Merkel sagte, Deutschland habe mit 29 Millionen Menschen so viele Beschäftigte wie nie zuvor. 2015 könne man erstmals wieder ohne neue Schulden auskommen. Dann warnte sie: „Wir dürfen nichts tun, was Arbeitsplätze in Gefahr bringt. Die Steuererhöhungspläne der Sozialdemokraten und der Grünen bringen die Gefahr mit, dass wir die gute Ausgangslage, die wir haben, nicht verbessern, sondern verschlechtern.“
Steinbrück entgegnete:„ Wir wollen nicht die Steuern für alle erhöhen.“ Die SPD wolle jedoch die „fünf oberen Prozent“ der Einkommensbezieher stärker heranziehen. Mit einem Kanzler Steinbrück hätten die Bundesbürger insgesamt mehr Geld in der Tasche. Insbesondere warb er für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.
Im Streit um ein mögliches drittes Rettungspaket für Griechenland ließ die Kanzlerin offen, wie hoch weitere Hilfen ausfallen könnten. „Keiner weiß genau, wie sich die Dinge in Griechenland entwickeln.“ Steinbrück hielt dagegen, man könne nicht immer nur die „Konsolidierungskeule“ schwingen. „Natürlich muss es zu einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kommen, aber bitte nicht in einer tödlichen Dosis für diese Länder.“
Die CDU-Chefin bekräftigte ihr Vorhaben, die Koalition mit der FDP fortsetzen zu wollen. „Ich möchte auch keine große Koalition. Niemand strebt sie an“, fügte sie hinzu. Steinbrück bekräftigte, dass er selbst in keine große Koalition gehen werde. Zwischen 2005 und 2009 war er Merkels Finanzminister.
Deutlich wie noch nie schloss die CDU-Vorsitzende die Einführung einer Pkw-Maut auf Deutschlands Autobahnen aus: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut im Inland geben.“ Das Thema war überhaupt erst durch ihren Koalitionspartner CSU aufs Tableau gebracht worden: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hatte eine Maut für Ausländer zur Bedingung für einen neuen Koalitionsvertrag gemacht.
Seehofer erklärte dazu, für deutsche Autofahrer solle die Maut mit dem Kfz-Steuer-Bescheid abgegolten sein. „Ausländer hingegen müssen bezahlen. Das werden wir in Berlin vereinbaren und umsetzen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). „Und falls sich jemand aus Europa zu Wort meldet, dann werden wir verhandeln.“