Kritik am zeitweiligen Mohammed-Verbot von Leipzig
Berlin (dpa) - Das zeitweilige Verbot von Mohammed-Karikaturen bei einem Aufmarsch des islamfeindlichen Legida-Bündnisses in Leipzig ist bei Vertretern von Kultur und Medien auf teils heftige Kritik gestoßen.
Enthüllungsjournalist Günther Wallraff sprach von einem verheerenden Signal. „Wenn man jetzt schon mit Verboten anfängt, wo hört das dann auf? Hier wird das Recht auf Meinungsfreiheit missachtet.“ Dass die Stadt Leipzig das Verbot wieder zurückgenommen habe, sei Ausdruck dafür, dass in Politik, Medien und Behörden noch eine in sich geschlossene Mehrheit für Meinungsfreiheit gebe, sagte Wallraff. Er hatte in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt verfolgten Künstlern aus der islamischen Welt geholfen, darunter auch dem Schriftsteller Salman Rushdie. „Wenn die Selbstzensur schon so früh nach den entsetzlichen Morden einsetzen würde, wäre das eine Bankrotterklärung.“
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) begrüßte, dass die Entscheidung der Stadt wieder gekippt wurde. „Ich freue mich, dass das Karikaturenverbot damit aus der Welt ist“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Die Kehrtwende des Oberbürgermeisters in dieser Sache war die einzig richtige Entscheidung.“ Zuvor hatte der DJV das Verbot scharf angegriffen. „Es ist nicht Aufgabe eines Ordnungsamts, über die Zulässigkeit von Mitteln der Satire zu entscheiden.“
Der Karikaturist Arno Funke, der für das Berliner Satiremagazin „Eulenspiegel“ zeichnet, äußerte sich zurückhaltend: „Ich habe für beide Seiten Verständnis. Ich kann auf der einen Seite die Angst verstehen, dass Demonstranten mit solchen Sachen provozieren und dass man Angst vor den Folgen hat. Doch der vorauseilende Gehorsam ist bedenklich.“
Der Satiriker Klaus Staeck, der für seine politischen Poster bekannt ist, stellte in einer Reaktion vor allem auf die Legida-Bewegung ab. „Die wirkliche Provokation besteht im Aufmarsch der vermeintlichen Abendlandretter von Legida. Angesichts der Trauer um die Opfer des islamistischen Terrors gebietet es das Schamgefühl, auf eine derartige Demonstration zu verzichten.“ Staeck kritisierte allerdings auch das ausgesprochene Verbot. Es könne „als Einknicken vor der Bedrohung der Meinungsfreiheit aufgefasst werden“, sagte der Satiriker, der zugleich Präsident der Akademie der Künste in Berlin ist.