Linke wollen U-Ausschuss zu Auftragsvergabe des Finanzministeriums
Berlin (dpa) - Linke und FDP wollen einen umstrittenen Beratungsauftrag des Bundesfinanzministeriums unter seinem damaligen Chef Peer Steinbrück (SPD) überprüfen lassen.
Die Vizechefin der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Erarbeitung von Finanzmarkt-Gesetzen durch eine Anwaltskanzlei. Zu klären sei, „ob die Banken selbst die Gesetze geschrieben haben, die Milliarden an Steuergeldern in ihre Kassen umgeleitet haben“, sagte sie der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag). Linke-Chef Bernd Riexinger kündigte an, den Bundesrechnungshof um eine Prüfung zu bitten.
Das Finanzressort hatte nach einer gerichtlichen Anweisung offengelegt, dass in der Ministerzeit des heutigen SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück an die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer für Gesetzesarbeit insgesamt 1,8 Millionen Euro geflossen waren. Steinbrück hatte für die Kanzlei später - nach seiner Zeit als Minister - einen mit 15 000 Euro honorierten Vortrag gehalten. Nach Ministeriumsangaben von 2009 erarbeitete Freshfields Bruckhaus Deringer 2008 das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und die Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung sowie 2009 ein dazugehöriges Ergänzungsgesetz.
Steinbrück hat nach Angaben seines Sprechers als Finanzminister die Aufträge an die Kanzlei nicht unterzeichnet. „Er war damit nicht befasst“, sagte Michael Donnermeyer am Samstag auf Anfrage. Generell wusste Steinbrück demnach wohl, dass solche Aufträge extern vergeben wurden. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ betonte Steinbrücks Sprecher zudem: „Die Vergabe an Freshfields Bruckhaus Deringer ist durch das Ministerium ordnungsgemäß erfolgt.“
Der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing forderte, die mit Hilfe der Kanzlei auf den Weg gebrachten Bankenrettungsgesetze zu überprüfen. „Es ist bedenklich, dass Peer Steinbrück den Auftrag zur Formulierung des Bankenrettungsgesetzes einer Anwaltskanzlei erteilt hat, die selbst enge geschäftliche Beziehungen in die Finanzwirtschaft unterhält.“ Verstärkt werde der schlechte Eindruck dadurch, dass er nach seiner Amtszeit 2011 von der Kanzlei als gut bezahlter Redner gebucht worden sei.
Die Linkspartei warb bei der FDP um Unterstützung für einen Banken-Untersuchungsausschuss im Bundestag. „Wenn der gute Wille da ist, kann der Ausschuss noch vor der Niedersachsen-Wahl auf den Weg gebracht werden“, sagte Wagenknecht der „Leipziger Volkszeitung“. Mit der FDP zusammen sei das Quorum für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses erreicht. Linken-Chef Riexinger sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, sich ein Bankenrettungsgesetz von Bankenlobbyisten schreiben zu lassen, rieche „bestenfalls nach Verschwendung von Steuergeld und schlimmstenfalls nach Betrug“.
Unionsfraktionsvize Michael Meister erklärte, es sei nicht ungewöhnlich, dass Bundesministerien externe Berater beauftragten. „Die Kosten hierfür müssen aber verhältnismäßig bleiben“, betonte Meister. „Wir haben gesehen, dass die Verhältnismäßigkeit bei Herrn Steinbrück auf der Einnahmenseite infrage steht. Jetzt erleben wir, dass das offenbar auch für die Ausgabenseite gilt.“
Die Kanzlei, eine der größten in Deutschland, war nach einem Bericht der „Rheinischen Post“ auch in diesem Jahr wieder für das Finanzministerium tätig. Das gehe aus einer Auflistung des Ressorts hervor, schreibt das Blatt. Demnach erhielten 2012 mindestens 13 Kanzleien, Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsfirmen Aufträge.