Merkel fordert mehr Einsatz gegen Schuldenkrise
Brüssel/London/Berlin (dpa) - Griechenland gerettet und den Euro aus der Schusslinie genommen - Euroland verbucht in der Schuldenkrise einen Achtungserfolg. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt die Partner davor, sich in Sicherheit zu wiegen.
Die Schuldenkrise sei nicht mit einem „spektakulären Paukenschlag“ zu beenden, sagte sie. „Der Euro ist gut für uns“, verteidigte Merkel das zweite, wieder milliardenschwere Hilfspaket für Griechenland. Die Risiken für die deutschen Steuerzahler seien beherrschbar seien. Sie hofft, dass es nicht zu Zahlungsausfällen komme. „Aber die Bilanz wird man erst am Ende ziehen können.“
Nach dem Euro-Gipfel in Brüssel sieht Merkel die Krise auch als Chance: Europa könne wirtschaftlich gestärkt daraus hervorgehen. „Deutschland hat die Krise hinter sich gelassen und steht besser da als zuvor.“
Die Finanzmärkte nahmen die Gipfelbeschlüsse vom Donnerstagabend positiv auf. Der Euro präsentierte sich fest. Die Aktienmärkte notierten im Plus. Händler sprachen von einem „Befreiungsschlag“.
In Griechenland war die Erleichterung nach den Beschlüssen in Brüssel groß. Ein Wermutstropfen war nur die erwartete Ankündigung der Ratingagentur Fitch, die Kreditwürdigkeit des Landes zeitweise weiter herabzustufen.
Nach monatelangem Streit hatten sich die 17 Staats- und Regierungschefs der Eurozone und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf das neue Hilfspaket im Wert von 109 Milliarden Euro geeinigt. Banken und Versicherungen werden einen zusätzlichen Beitrag von 37 Milliarden Euro leisten, der aber noch steigen kann.
Der Hilfsplan hat EU-Experten zufolge sogar einen Umfang von 159 Milliarden Euro. Zu den öffentlichen Hilfen von 109 Milliarden Euro, die der Europäische Rettungsfonds EFSF und der Internationale Währungsfonds aufbringen, komme ein Beitrag der Privatgläubiger von 50 Milliarden Euro. Es handele sich um vorläufige Zahlen, die nun noch präzisiert werden müssten, sagten EU-Fachleute.
Mit dem weitreichenden Hilfspaket sorgten die Euro-Staaten vorerst für Ruhe an den Finanzmärkten. Der Euro schoss in die Höhe und stabilisierte sich am Freitag bei der Marke von 1,44 Dollar.
Ungeachtet aller Bemühungen will die Ratingagentur Fitch griechische Staatsanleihen wie angekündigt herabstufen und kurzfristig von einem „beschränkten Kreditausfall“ (Restricted Default) ausgehen. Fitch begründete das mit der beschlossenen Beteiligung privater Gläubiger.
In Griechenland sorgten die Beschlüsse des Krisengipfels für Erleichterung: Die Eurogruppe habe den Märkten, die einen „asymmetrischen Krieg gegen den Euro führen“, eine klare Antwort gegeben, sagte Finanzminister Evangelos Venizelos in Athen und versprach, dass sein Land den Sparkurs fortsetzen werde.
Der Brüsseler Beschluss geht weit über das Problem Griechenland hinaus. Das bisherige Kriseninstrumentarium wurde ausgebaut, um die Euro-Währung zu stabilisieren und einen Flächenbrand zu verhindern.
Der Krisenfonds wird zwar nicht aufgestockt, kann aber unter anderem künftig vorbeugend Geld bereitstellen, falls Länder in Gefahr geraten. Außerdem kann der EFSF jetzt auch zum Ankauf von Staatsanleihen genutzt werden.
Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) wertete das Paket als Beleg für die Handlungsfähigkeit Europas. Sein Parteikollege, Außenminister Guido Westerwelle forderte mehr Haushaltsdisziplin in der EU.
Neben Griechenland hängen bereits Irland und Portugal am internationalen Finanztropf. Zuletzt wuchs die Sorge, dass mit Spanien und vor allem dem hoch verschuldeten Italien wirtschaftliche Schwergewichte ins Taumeln geraten.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hat der Krisengipfel ein größeres Hilfspaket geschnürt als erwartet.
Im Gegensatz zu anderen Ökonomen hält Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise einen Erfolg der griechischen Rettungsbemühungen für wahrscheinlich. „Die Reformen werden sich auszahlen“, sagte er der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX.
Banken und Versicherungen sehen ihren freiwilligen Beitrag an dem neuen Hilfspaket für Griechenland als Opfer. „Ja, das trifft uns hart“, hatte Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann am Rande des Euro-Krisengipfels im ZDF gesagt. Ackermann hatte als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands IIF am Treffen teilgenommen.