Merkel würdigt SPD als „unbeugsame Stimme der Demokratie“
Leipzig (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die SPD als eine „streitbare und unbeugsame Stimme der Demokratie in Deutschland“ gewürdigt.
„Für diesen gar nicht hoch genug einzuschätzenden Dienst an unserem Land gebühren der SPD mein Respekt und meine Anerkennung“,
schrieb die CDU-Bundesvorsitzende in einem Gastbeitrag für die „Leipziger Volkszeitung“. Anlass ist das 150-jährige Bestehen der deutschen Sozialdemokratie, das die Partei an diesem Donnerstag in Leipzig feiert. Zu ihrem Jubiläum gratuliere sie der SPD „im Namen der CDU Deutschlands wie auch persönlich von Herzen“, schrieb Merkel weiter. Sie wird an dem Festakt in Leipzig teilnehmen.
Dazu werden rund 1600 Gäste aus 80 Ländern erwartet. Auch Bundespräsident Joachim Gauck hat sein Kommen zugesagt. Neben Frankreichs Präsident François Hollande werden neun weitere Staats- und Regierungschefs aus Europa zu dem Festakt im Gewandhaus erwartet. Mit ihm soll auch an den langen Einsatz der Partei für Freiheit, Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit erinnert werden.
Zu den geladenen Gästen zählen auch die SPD-Altkanzler Gerhard Schröder und Helmut Schmidt. Erwartet werden zudem knapp 30 Vorsitzende sozialdemokratischer und sozialistischer Parteien sowie Vertreter der US-Demokraten. Reden werden der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie die Präsidenten Hollande und Gauck. Auf dem Marktplatz wird es parallel ein großes Bürgerfest geben.
Die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) durch Ferdinand Lassalle am 23. Mai 1863 in Leipzig gilt als offizielle Geburtsstunde der deutschen Sozialdemokratie. 1869 gründete sich zudem die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands, die 1875 in Gotha mit dem ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) vereinigt wurde. 1890 benannte sie sich in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) um.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland würdigte die historische Leistung der deutschen Sozialdemokratie. „Die SPD hat eine großartige und singuläre Tradition und steht für mich immer in ganz besonderer Weise für Freiheit, Solidarität und Menschlichkeit“, sagte sein Präsident Dieter Graumann der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag). Für ihn bleibe der Mut und die Aufrichtigkeit der 94 SPD-Abgeordneten „herausragend“, die am 23. März 1933 als einzige im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatten. Für ihn persönlich sei auch der berühmte Kniefall von Willy Brandt am Warschauer Ghetto-Mahnmal ganz besonders berührend gewesen.
Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering mahnte zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Deutschland. Im Sender MDR INFO sagte er am Donnerstag, mit der Agenda 2010 sei die richtige Himmelsrichtung
eingeschlagen worden. „Wir haben mit unserer Agenda dazu beigetragen, dass wir ein leistungsfähiges Land sind, dass wir eine
Wertschöpfung von erheblicher Dimension haben und dass deshalb
auch Kraft und Geld da sind.“ Dieses müsse jetzt auch noch gerechter verteilt werden.
Der frühere Bundesminister und SPD-Vordenker Egon Bahr warnte seine Partei davor, nach der Bundestagswahl noch einmal eine große Koalition mit der Union einzugehen. In diesem Fall drohe eine Spaltung der Partei, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Donnerstag). Zu den großen Verdiensten der SPD in ihrer 150-jährigen Geschichte zählte er die Durchsetzung des Frauenwahlrechts, die Abkehr von der Diktatur des Proletariats und die Ablehnung von Hitlers Ermächtigungsgesetz im Reichstag.