Wegen Mordes Messerstecher von Kandel muss achteinhalb Jahre in Haft
Landau (dpa) - Wegen des tödlichen Messerangriffs auf die 15-jährige Mia in einem Drogeriemarkt im pfälzischen Kandel muss ihr Ex-Freund für achteinhalb Jahre ins Gefängnis.
Strafverteidiger Maximilian Endler sagte nach der Entscheidung: „Mein Mandant verzichtet auf Rechtsmittel und ist mit dem Strafmaß einverstanden.“ Das Urteil gegen Abdul D. sei „angemessen“ für die Tat kurz nach Weihnachten. Die Staatsanwaltschaft entscheidet in den nächsten Tagen, ob sie Revision vor dem Bundesgerichtshof einlegt.
Endler sagte, er rechne mit einer Abschiebung seines Mandanten nach Verbüßung eines Teils der Strafe. In seinem Schlusswort habe Abdul D. noch einmal Reue bekundet. Das Urteil habe der Angeklagte gefasst aufgenommen. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger hatten zuvor die Höchststrafe von zehn Jahren bei Jugendstrafrecht gefordert, die Verteidigung sieben Jahre und sechs Monate wegen Totschlags.
Die Tat in der kleinen südpfälzischen Stadt Kandel hatte bundesweit für großes Entsetzen gesorgt. Der Fall fachte außerdem die Diskussion über die Altersfeststellung bei jungen Flüchtlingen neu an. Rechtspopulistische Gruppen nahmen den Fall zum Anlass, um in Kandel immer wieder gegen die Asylpolitik der Bundesregierung zu protestieren. Am Montag blieb es sowohl in Kandel als auch in Landau zunächst ruhig. Ein Mann protestierte vor dem Gericht in Landau mit einem Plakat gegen das seiner Meinung nach zu milde Urteil.
Abdul D. war als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Deutschland betreut worden. Er gab sein Alter zunächst mit 15 Jahren an. Nach der Tat kamen Zweifel daran auf. Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft kam zum Ergebnis, dass er zum Tatzeitpunkt mindestens 17 Jahre und 6 Monate alt, wahrscheinlich aber schon 20 Jahre alt war.
Verurteilt wurde er nun nach Jugendstrafrecht, wie ein Gerichtssprecher sagte. Das Landgericht entschied sich dafür, im Zweifel für den Angeklagten den gesamten Prozess seit Mitte Juni nach Jugendstrafrecht zu führen. Die Öffentlichkeit war daher von der Urteilsverkündung wie auch von den Verhandlungstagen ausgeschlossen.
Als Motiv für die Tat hatte die Staatsanwaltschaft Eifersucht und Rache angenommen. Sie ging davon aus, dass Abdul D. seine Ex-Freundin „bestrafen“ wollte, weil sie sich von ihm getrennt hatte. Zwölf Tage vor der Tat hatte Mia zudem Anzeige gegen ihren Ex-Freund erstattet, es ging um Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Verletzung persönlicher Rechte. Zwei Tage später folgte eine Anzeige ihres Vaters gegen den jungen Flüchtling. Die Verurteilung auch wegen Körperverletzung bezieht sich auf Schläge gegen einen Freund Mias.
Der Bürgermeister von Kandel rechnet auch für die Zeit nach dem Urteil mit Kundgebungen in der Stadt. Kandel komme nicht zur Ruhe, sagte der SPD-Politiker Volker Poß im Radioprogramm SWR Aktuell. „Die rechte Szene hatte angekündigt, nach wie vor kommen zu wollen, und auch schon Termine für das nächste Jahr in Anspruch genommen.“ Der Verbandsgemeindebürgermeister sagte weiter: „Letztendlich ist es so, dass man am Ende des Tages hier sitzt und Entscheidungen treffen muss und auch den ganzen Hass, die ganze Häme und die ganzen Diffamierungen für sich ganz persönlich erdulden muss.“
Strafverteidiger Endler sagte, alle Beteiligten hätten sich bemüht, in der Verhandlung „Licht ins Dunkel“ der erschütternden Tat zu bringen. „Sofern ein Strafprozess dies leisten kann, ist dies insgesamt geschehen.“ Ob von dem Urteil Signalwirkung ausgehe, wolle er nicht beurteilen. „Das Ganze bleibt tragisch.“