Nikkei auf tiefstem Jahresschluss seit 29 Jahren

Tokio (dpa) - An der Tokioter Börse hat der Nikkei-Index das Handelsjahr auf dem niedrigsten Jahresschlussstand seit 29 Jahren beendet. Das Börsenbarometer für 225 führende Werte ging am Freitag mit 8455,35 Punkten aus dem Markt.

So tief hatte der Nikkei seit 1982 kein Handelsjahr mehr beendet. Es war ein Jahr voller negativer Nachrichten, darunter die Natur- und Atomkatastrophe vom 11. März, die Flutkatastrophe in Thailand und nicht zuletzt der dramatische Anstieg des Yen. Letzterer zwingt viele Unternehmen, ihre Produktion verstärkt ins Ausland zu verlegen. Das Schreckgespenst von der „Aushöhlung“ der japanischen Industrie ist wieder in aller Munde.

Schätzungen zufolge dürften die Vorsteuergewinne börsennotierter Unternehmen außerhalb des Finanz- und Energieversorgungsbereichs im noch bis 31. März 2012 laufenden Geschäftsjahres im Schnitt um 10 Prozent schrumpfen. Die Regierung rechnet damit, dass die Wirtschaft im laufenden Steuerjahr um 0,1 Prozent schrumpfen wird. Besonders hart trifft Japans exportabhängige Wirtschaft dabei der starke Yen. Entsprechend mies ist die Stimmung auf den Manageretagen, wie eine Umfrage der japanischen Zentralbank kürzlich ergab.

Doch der starke Yen hat auch eine andere Seite: Der Höhenflug verhalf den Unternehmen des Landes nämlich in diesem Jahr dazu, auf eine beispiellose Einkaufstour im Ausland zu gehen. Rund 80 Milliarden Dollar investierten die Japaner laut japanischen Medien in diesem Jahr in Fusionen oder Übernahmen im Ausland. Dank des starken Yen sind die Kosten für Käufe ausländischer Unternehmen billiger.

Zielten japanische Unternehmen in der Vergangenheit bei ihren Einkaufstouren vor allem auf die USA und Europa, so gehen sie jetzt zunehmend globalisierter vor. So kauften die Japaner in jüngster Zeit auch verstärkt Firmen im benachbarten Asien wie in China oder auch in Indien auf. Nach Einschätzung von Experten sieht es ganz danach aus, dass Japan in 2011 erstmals seit 31 Jahren eine negative Handelsbilanz aufweisen wird. Angesichts der Tatsache, dass Japans Firmen eine Menge Geld in der Hinterhand haben, wird damit gerechnet, dass die Einkaufstour im Ausland auch in 2012 weitergehen wird.

Für das nächste Fiskaljahr rechnet die Regierung damit, dass die Wirtschaft wieder um 2,2 Prozent anziehen wird. Die Regierung stützt ihre Wachstumserwartung darauf, dass sich die Schuldenkrise in Europa etwas entspannen und die Lage der Weltwirtschaft verbessern wird. Zudem dürften die enormen Staatsausgaben für den Wiederaufbau der Katastrophengebiete ebenfalls zu Wachstum und höheren Investitionen führen. Japan hat im laufenden Fiskaljahr bereits vier Nachtragshaushalte verabschiedet, um die wirtschaftlichen Folgen der Tsunami-Katastrophe abzufedern. Auch viele Industrieunternehmen rechnen damit, dass die Produktion nach den Einbrüchen der vergangenen Monate im kommenden Jahr wieder anziehen wird.

Nach von der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“ zitierten Berechnungen von Nomura Securities bei 353 großen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors dürften die Vorsteuergewinne im nächsten Jahr um 24 Prozent steigen. Derweil rechnen die Börsianer wenigstens zum Auftakt des neuen Jahres wieder mit einem Anziehen der Kurse.

In Erwartung dessen konnte der Nikkei am letzten Handelstag dieses Jahres im Vergleich zum Vortag um 56,46 Punkte oder 0,67 Prozent zulegen. Der breit gefasste Topix schloss mit 728,61 Punkten, ein Plus zum Vortag von 6,49 Punkten oder 0,90 Prozent. Fast alle Sektoren an Asiens Leitbörse konnten dabei am letzten Tag zulegen. Im neuen Jahr nimmt Tokios Börse den Handel wieder am 4. Januar auf.