Nordkorea verabschiedet sich von Kim Jong Il
Seoul/Pjöngjang (dpa) - Zehntausende Nordkoreaner haben am Mittwoch mit einer pompös inszenierten Staatstrauer Abschied vom langjährigen Alleinherrscher Kim Jong Il genommen.
Das Staatsfernsehen zeigte Bilder des mit weißen Blumen und einer roten Parteifahne geschmückten Sargs, in dem der verstorbene Diktator in einem Autokorso durch Pjöngjang gefahren wurde. Nach zehn Tagen organisierter Massentrauer säumten noch einmal unzählige Bürger bei starkem Schneefall die Straßen der Hauptstadt, um Kim die letzte Ehre zu erweisen. Viele Menschen, darunter etliche Soldaten, weinten hemmungslos am Straßenrand.
Direkt neben dem Leichenwagen lief anfangs der jüngste Sohn Kims und auserkorene Nachfolger Kim Jong Un. Damit wurde nach Ansicht von Beobachtern noch einmal demonstriert, dass der noch nicht 30-jährige Sohn als künftiger starker Mann seine Position weiter gefestigt hat. Kim Jong Un galt bislang als politisch und militärisch unerfahren. Sein Vater hatte ihn schrittweise auf die Nachfolge vorbereitet.
Der Sohn wurde begleitet von ranghohen Militärs und anderen Funktionären. Unter ihnen befanden sich auch Kim Jong Uns Onkel Jang Song Thaek (65), der seit längerem als graue Eminenz des Regimes gilt, sowie der Chef des Generalstabs der mächtigen Volksarmee, Ri Yong Ho.
Kommentatoren im benachbarten Südkorea vermuteten, dass der Trauerkorso wegen des Schneefalls einige Stunden später als geplant gestartet war. „Schnee fiel unaufhörlich auf die Straßen, als ob der Himmel die Trauer mit den Koreanern geteilt hätte, die um den Verlust der Sonne der Nation trauerten“, hieß es in einem Bericht der amtlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA. Viele Menschen riefen „Väterlicher General, geh nicht fort“, „Komm bitte zurück“.
„Ich verlor das Bewusstsein, als ich hier trauerte. Ich vermisse Führer Kim Jong Il sehr“, wurde die 86-jährige An Ri Ho von KCNA zitiert. Zahlreiche Trauernde seien in Ohnmacht gefallen. Die Feierlichkeiten glichen der Beisetzung von Kim Jong Ils Vater und „ewigen Präsidenten“ Kim Il Sung im Juli 1994. Auch dessen Sarg wurde damals in einer Prozession durch Pjöngjang gefahren.
Die Beisetzungsfeierlichkeiten hatten im Kumsusan-Mausoleum begonnen, wo Kim Jong Il nach seinem Tod in einem Glassarg aufgebahrt worden war. Von dem Palast setzte sich der Trauerkorso zunächst langsam Richtung Innenstadt in Bewegung. An der Spitze fuhr ein Wagen mit einem Riesenporträt des lächelnden Kim. Soldaten und Zivilisten hätten an der 40 Kilometer langen Strecke des Trauerkorsos gestanden, berichtete KCNA. Das Auto mit dem Sarg kehrte den Berichten zufolge nach drei Stunden wieder zum Ausgangspunkt zurück. Zum Ende der Zeremonie wurden 21 Salutschüsse zu Ehren des Verstorbenen abgegeben.
Die staatlich ausgerufene Trauerzeit soll an diesem Donnerstag mit einer landesweiten Gedenkfeier zu Ende gehen. Zur Mittagszeit sind die Nordkoreaner aufgerufen, eine Schweigeminute einzulegen. Es wurde erwartet, dass der einbalsamierte Leichnam Kim Jong Ils ebenfalls im Mausoleum beigesetzt wird, wo schon sein toter Vater in einem Glassarg ausgestellt wird.
Kim Jong Il war nach offizieller Darstellung am 17. Dezember an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Er hatte das abgeschottete kommunistische Land 17 Jahre lang mit eiserner Faust regiert. Unter seiner Herrschaft starben nach Schätzungen Hunderttausende von Nordkoreanern an Hunger. Als unklar gilt der nächste Schritt Nordkoreas im Streit um sein Atomwaffenprogramm. Kim Jong Il hatte sich zuletzt mehrfach zu neuen Atomgesprächen mit den USA, China, Südkorea, Russland und Japan bereiterklärt. Eine konkrete Zusage gab es jedoch bisher nicht.