OECD hält Griechenland für reformunfähig
Paris/Athen (dpa) - Reformunfähig: Ein vernichtendes Urteil über die Fähigkeit des griechischen Behördenapparates fällt die OECD. Angesichts des Kompetenzwirrwarrs mahnt sie in einer Studie umgehend zur tiefgreifenden Reform.
Starke, tiefgreifende Änderungen in Griechenlands Behördenapparat sind nach Ansicht der OECD nötig, um das pleitebedrohte Land nachhaltig zu reformieren. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung untersuchte alle 14 Ministerien in Griechenland und fand dabei nur wenig interne Kontrolle durch den Regierungschef. Es gebe weder eine Vision über das Reformziel noch eine Kontrolle für die Umsetzung, kaum Kommunikation innerhalb der Behörden und ein kompliziertes administratives Beziehungsgeflecht ohne jegliche Koordination.
Wörtlich heißt es im Vorwort des Berichts: „Das allgemeine Fazit dieses Berichts lautet, dass die Dringlichkeit einer Reform des Regierungsapparates in Griechenland (...) gar nicht stark genug betont werden kann.“ Der Zeitung „Die Welt“ (Donnerstagsausgabe) sagte die für die Studie verantwortliche OECD-Expertin Caroline Varley: „Griechenlands zentraler Regierungsapparat hat bisher weder die Kapazität noch die Fähigkeit zu großen Reformen.“ Nach Angaben der OECD fehlen zentrale Datenbanken, Akten und „die Fähigkeit, Informationen aus Daten herauszulesen - wenn Daten überhaupt vorhanden sind“. Gesetze würden in engem Kreis entworfen und verabschiedet. Zudem hätten Beamte kaum Kontakt zu Kollegen.
„Es ist ein harter Befund, der zum ersten Mal systematisch und mit Belegen zeigt, was in der Verwaltung nicht funktioniert und Griechenland hindert, mit strukturellen Reformen voranzukommen“, sagte Varley der „Welt“. Die Regierung habe weder die Autorität noch die Kapazität, den Schlüsselministerien eine gemeinsame Politik aufzuzwingen. Einziger Ausweg sind nach Einschätzung der OECD umfassende Neuerungen, eine „Big-Bang-Reform“ im gesamten Regierungsapparat. In einer ersten Reaktion sagten Kreise des griechischen Finanzministeriums der „Welt“ zufolge, der Bericht sei sehr interessant. Das Land brauche aber Lösungen und weniger Feststellungen. Die hat die OECD in ihrer Studie aufgelistet.
So macht sie sich für eine kleine, aber schlagkräftige Projektgruppe mit einfachen Strukturen innerhalb der Regierung stark. Sie müsse auch die Kommunikation übernehmen und Etappenziele festlege. Erzielte Erfolge müssten kommuniziert werden, um auch in- und außerhalb Griechenlands den erreichten fortschritt ermessen zu können. Das komplexes Gesetzes-Wirrwarr müsste zudem „verschlankt“ werden. Effiziente Kontrollmechanismen und auch ein Ethik-Code für den öffentlichen Dienst seien mit Blick auf eine nach wie vor existierende Korruption ebenfalls dringlich.
Positiv betont die Studie, dass es in allen Bereichen hochkompetente und motivierte Mitarbeiter gebe, die aber sehr häufig ausgebremst würden. „Die gegenwärtige Hierarchie ist kopflastig, mit Angestellten, die mitunter „Geister“-Abteilungen vorstehen“, schrieben die Autoren. Es fehlten zudem Strukturen für ein effektives mittleres Management.
Mit Spannung wird am kommenden Montag das Treffen der sogenannten Task-Force der EU unter Vorsitz des deutschen Horst Reichenbach erwartet. Reichenbachs Experten beraten die Griechen, wie sie die Bürokratie bekämpfen können und schneller an EU-Finanzierung von Infrastrukturprojekten kommen.