Polizei von Gewaltspirale in Heidenau überrascht
Heidenau (dpa) - Zu wenig Beamte, zu spät reagiert? Die sächsische Polizei sieht sich wegen ihres Einsatzes bei den ausländerfeindlichen Krawallen in Heidenau mit Kritik konfrontiert. Augenzeugen berichten aber auch, wie beherzt die Beamten eingriffen und die Lage unter Kontrolle brachten.
Wie legt die Polizei die Personalstärke für einen Einsatz fest?
Bei einer geplanten Demonstration muss der Anmelder auch eine voraussichtliche Teilnehmerzahl angeben. Die ist für einen Polizeieinsatz aber nicht das entscheidende Kriterium. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei hängt das in erster Linie vom Gefährdungspotenzial ab. Wenn zum Beispiel Schüler oder Studenten eine Demonstration anmelden, setzt die Polizei deutlich weniger Beamte ein als bei einem Marsch von Rechtsextremisten. In diesem Fall macht in der Regel auch die Gegenseite mobil und die Polizei muss dann befeindete Lager auseinanderhalten.
War die Polizei in Heidenau mit ausreichend Beamten im Einsatz?
Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Auch bei mehr Beamten vor Ort wären wohl Böller und Steine geflogen. Die Polizei sah sich urplötzlich mit einer Gewaltspirale konfrontiert. „Das war im Vorfeld nicht abzusehen“, sagt der Dresdner Polizeisprecher Marko Laske. Am Freitag standen rund 200 Rechtsextreme 136 Beamten gegenüber. Am zweiten Tag waren 170 Polizisten im Einsatz und hatten etwa je 150 Demonstranten aus dem rechten und dem linken Lager in Schach zu halten. Hagen Husgen, Chef der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen, sieht ein anderes Problem: „Es fehlen Kräfte, die kurzfristig hinzugezogen werden können“.
Warum gab es anfangs keine Festnahmen?
Laut Polizei ging es zunächst um eine „Lagebereinigung“. Laske zufolge musste an erster Stelle die Blockade der Bundesstraße 172 beendet werden, damit die Flüchtlinge wie geplant in die Unterkunft gelangen konnten. Die Polizei habe aber bei „Feststellungen“ die Personalien Tatverdächtiger aufgenommen: „Keine Festnahme heißt nicht, dass es nun keine strafrechtliche Verfolgung gibt.“ Es werde unter anderem wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung ermittelt. Nach den Ausschreitungen am Samstag nahm die Polizei eine Person fest. Zudem sprach sie 65 Platzverweise aus und nahm die Personalien von 23 mutmaßlichen Randalierern auf.
War die Polizei angemessen ausgerüstet?
Beim ersten Krawall hatten Polizisten keine Schutzschilde dabei, ab Samstag waren sie damit ausgerüstet. Die Gewerkschaft der Polizei in Sachsen beklagt generell, dass die Ausrüstung der Kollegen veraltet und das Verfallsdatum schon lange erreicht ist. Allerdings sei die Neuausrüstung bereits im Gange, räumt GdP-Chef Hagen Husgen ein. Am ersten Abend der Randale setzte die Polizei konsequent Tränengas und Reizspray ein. Am Sonntag fuhren zwei Wasserwerfer zur Abschreckung vor. Wirksamkeit verspricht man sich nun von einer Sicherheitszone, in der die Polizei ohne Anlass Personalien kontrollieren sowie Platzverweise und Aufenthaltsverbote aussprechen kann.