Porträt: David Petraeus
Washington (dpa) - Geheimdienstagenten arbeiten gemeinhin im Dunklen, sie fischen im Trüben. Populär oder gar beliebt sind sie daher so gut wie nie. Nicht so bei Davis Petraeus.
Zeitweise galt der heute 60-Jährige als „General-Wunderkind“, der im Irakkrieg und in Afghanistan ein Abgleiten ins Chaos verhinderte und den Abzug ermöglichte. Ganz wenige Politiker oder Militärs waren so respektiert wie der CIA-Chef und einstige Vier-Sterne-General. Und jetzt stolpert der Untadelige, der persönlich als Asket gilt, ausgerechnet über eine Sexaffäre.
Seinen größten militärischen Coup landete Petraeus im März 2003, als er die 101. Luftlandedivision im Irakkrieg nach Bagdad führte. Der rasche und reibungslose Erfolg machte ihn praktisch über Nacht zum Helden, von Amerikanern und den Parteien gleichermaßen bewundert.
Später, nachdem das Land ins Chaos abzugleiten drohte, musste der General nochmals nach Bagdad zurück - und wieder konnte er einen Erfolg verbuchen. Petraeus ist der „Vater“ der nachhaltigen Befriedungsstrategie, die Obama heute in Afghanistan verfolgt. Petraeus selbst war es, der die Strategie entwickelte, während er von 2005 bis 2007 kommandierender General des Army Combined Arms Center in Fort Leavenworth (Kansas) war. Als Oberbefehlshaber der multinationalen Truppe im Irak gelang es ihm, der Unruhe im Land Herr werden. Die Zahl der blutigen Bombenanschläge ging zurück - es war Petraeus, der die Grundlagen für den Abzug legte.
Der Vier-Sterne-General machte seine Arbeit im Irak so gut, dass er 2010 nochmals mit einer höchst delikaten Aufgabe betraut wurde. Diesmal musste er die Taliban in Afghanistan stoppen, auch hier drohte der Krieg zu „kippen“, die USA fürchteten ein Debakel. Wieder war es Petraeus, der eine von Präsident Barack Obama befohlene Aufstockung der Truppen anführte. Auch hier war ihm Erfolg beschieden.
Wie nah der General ins Zentrum der Macht vorstieß, beweist ein historisches Foto vom Mai 2011. Es ist die Aufnahme, bei der Obama im engsten Kreis der Vertrauten den Einsatz von Spezialtruppen verfolgte, die Terrorchef Osama bin Laden töteten - Petraeus saß mit vor dem Bildschirm. Seine militärischen Erfahrungen hatte der brillante West-Point-Absolvent unter anderem bei der Operation Joint Forge in Bosnien (2001-2002) gesammelt. Doch breite Übereinstimmung herrscht auch darüber: Petraeus ist mehr als ein exzellenter Soldat und Militärstratege. Er hat auch einen Hang zur Politik, besuchte die Princeton University, erwarb einen Doktortitel auf dem Gebiet „Internationale Angelegenheiten“. Er gilt als nachdenklich, intellektuell und besitzt eine diplomatische Ader. Oft hielt er sich als General in Washington auf, hatte viele persönliche Beziehungen zu Kongressmitgliedern geknüpft.
Auch zu Obama hatte er einen guten Draht: Im September 2011 wurde er an die Spitze der CIA berufen. Als „Topspion“ war Petraeus nicht zuletzt für die Drohnenangriffe in Pakistan und im Jemen mit verantwortlich. Schwere Irritationen gab es allerdings nach dem tödlichen Anschlag am 11. September 2012 auf das US-Konsulat in Bengasi, bei dem vier US-Diplomaten ums Leben kamen. Nach dem Anschlag hatte die CIA Obama tagelang versichert, die Attacke sei aus einer spontanen Protestaktion erwachsen - später war dann von einem geplanten Terroranschlag islamischer Extremisten die Rede. Hatte der Geheimdienst versagt?
Seinen Abgang begründete Petraeus selbst mit einer außerehelichen Affäre, der Ex-General zeigte sich in seinem Rücktrittsschreiben zerknirscht und reuig. Dabei gilt er als ausgesprochener Asket, der sich etwa selbst kasteite, indem er zeitweise nur eine einzige Mahlzeit am Tag zu sich nahm.