Porträt: Friedrich unter Druck
Berlin (dpa) - Formal war es für Hans-Peter Friedrich nicht gerade ein Karrieresprung: Er verlor den Chefsessel im Bundesinnenministerium und übernahm im neuen schwarz-roten Kabinett das gestutzte Ressort für Ernährung und Landwirtschaft.
Als Bundesagrarminister blühte der CSU-Mann aber gleich auf. Sichtlich entspannt präsentierte sich der 56-Jährige gerade auf der weltgrößten Branchenmesse Grüne Woche in Berlin - probierte Spezialitäten, traf sich mit Amtskollegen aus dem Ausland und kam bei den deutschen Bauern gut an. Ärgernisse des alten Amts wie die Geheimdienst-Spähaffäre waren weit weg. Nun holt ihn aber ein anderes Problem ein: der Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy.
Ende Oktober - als er noch Innenminister war - erreichten Friedrich Hinweise, dass Edathys Name bei internationalen Polizei-Ermittlungen aufgetaucht war. Wodurch genau Edathy auffiel, hat die zuständige Staatsanwaltschaft noch nicht mitgeteilt. Angeblich soll es um Kinderpornografie gehen. Damals im Herbst liefen gerade die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Friedrich sah sich veranlasst, dem Verhandlungspartner einen Wink zu geben und weihte SPD-Chef Sigmar Gabriel ein. Das bringt ihn nun unter Druck.
Die Informationen über die möglichen Ermittlungen gegen Edathy bahnten sich von Gabriel aus ihren Weg in die weitere SPD-Spitze. Im Raum steht die Frage, ob sie auch Edathy selbst erreichten. Ermittler beklagen, die Weitergabe der Informationen habe ihre Arbeit behindert. Und gegen Friedrich richtet sich der Vorwurf des Geheimnisverrats. Die Staatsanwaltschaften in Hannover und Berlin prüfen, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleiten. Die erste Rücktrittsforderung ist auch schon da.
Druck von vielen Seiten - das ist Friedrich nicht fremd. Als Innenminister agierte er oft etwas ungelenk. In der Geheimdienst-Spähaffäre schlug er sich früh auf die Seite der USA, warnte vor Anti-Amerikanismus und erklärte die Vorwürfe gegen den US-Geheimdienst NSA voreilig für überzogen. Später sagte er in einem Interview, er habe wichtigere Themen als die NSA-Affäre gehabt.
Als Innenminister verärgerte er muslimische Verbände, indem er Sicherheitsthemen bei der Islamkonferenz in den Vordergrund rückte. Asylexperten schüttelten oft den Kopf über Friedrichs schroffe Töne zu Zuwanderung und Flüchtlingspolitik. Selbst Kritiker würdigen aber seine umgängliche und freundliche Art im persönlichen Austausch.
Friedrich war nicht ganz freiwillig im Innenministerium gelandet. Eine Kabinettsumbildung führte ihn an die Spitze des Ressorts. Anfangs fremdelte er mit dem Amt, später fand er sich aber ein. Zuvor war Friedrich von Oktober 2009 bis März 2011 erklärtermaßen sehr gern Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Dem Parlament gehört der Oberfranke bereits seit 1998 an, zuletzt kümmerte er sich als Unions-Fraktionsvize unter anderem um Verkehrsthemen.
Nach seiner Promotion als Jurist 1988 hatte der Vater dreier Kinder zunächst im Bundeswirtschaftsministerium gearbeitet. Nach einem Abstecher an die deutsche Botschaft in Washington wechselte er zur CSU-Landesgruppe. Von 1993 bis 1998 war er persönlicher Referent des damaligen Vorsitzenden Michael Glos. CSU-Mitglied ist er schon seit 40 Jahren.