Porträt: Sanierer Geiwitz und seine größte Niederlage
Ehingen (dpa) - Das Aus für Schlecker ist bitter - auch für den Insolvenzverwalter Geiwitz. Er konnte die Gläubiger nicht für eine Lösung gewinnen, die Tausende Jobs erhalten hätte. Doch dass es darauf hinauslaufen konnte, ließen die Regeln für Geiwitz' Zunft befürchten.
Nach dem endgültigen Aus ist Schlecker für Geiwitz nicht nur sein größter Fall, sondern auch seine größte Niederlage. Übernommen hatte sich der Insolvenzfachmann keinesfalls. Seine Kanzlei Schneider, Geiwitz & Partner mit Zentrale in Neu-Ulm und elf Filialen hat einen klingenden Namen in Insolvenzverwalterkreisen. „Alt eingesessen und einer Größenordnung wie Schlecker gewachsen“, sagt ein Branchenkenner über die Experten aus Süddeutschland, die kürzlich auch in anderer Sache von sich reden machten. Geiwitz' Kollege Werner Schneider ist Verwalter des Druckmaschinenherstellers Manroland mit seinen einst 6500 Jobs. Der Wirtschaftsprüfer rettete früher etwa bei der Augsburger Walter Bau zwei Drittel der Stellen.
Auch Geiwitz selber leitete schon umfassende Sanierungen wie die der Kögel-Fahrzeugwerke oder der Budget Autovermietung. Doch bei seinem Schlecker-Fall stehen nun mehr als 13 000 Mitarbeiter in Deutschland vor dem Aus.
Die Möglichkeit einer Abwicklung hatte sich früh angedeutet. Schon einen Monat nach Beginn seiner Arbeit für die Drogeriekette musste Geiwitz der Öffentlichkeit eine ganz bittere Pille verkaufen. „Die Situation ist so dramatisch, dass das Unternehmen nicht nachhaltig am Markt bestehen kann“, sagte er. Es stehe ein „herber, schmerzhafter Schnitt“ an.
Geiwitz' Aufgabe lag in einem Spannungsfeld zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite standen die Gläubiger mit ihren Forderungen, auf der anderen aber tausende Mitarbeiter-Schicksale. Der Verband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) erklärt, dass die Einigung mit den Gläubigern das Zentrum eines guten Insolvenzplans sei. Bei allem Willen zum Erhalt der Jobs gelte das Prinzip, dass die Gläubiger selbst im schlechtesten Fall einer Unternehmensfortführung nicht mehr Geld verlieren dürften als mit einer Liquidation.
Diese Überzeugung hatten sie nun wohl nicht. Geiwitz verteidigte seinen Plan am Freitag zwar: „Das Restrukturierungskonzept war sehr anspruchsvoll, aber grundsätzlich machbar.“ Doch die Angebote der Investoren hätten „deutlich unter einer Zerschlagung“ gelegen. „Ich bedaure diese Entscheidung“, sagte er mit Blick auf die vielen Jobs.
Nun muss der 42 Jahre alte Wirtschaftsprüfer, Diplom-Kaufmann und Steuerberater die Masse bei Schlecker versilbern und möglichst viele Gläubiger bedienen - je mehr er dabei herausschlägt, desto größer wird auch sein Honorar ausfallen. Es werden Millionen sein - doch das ist kein Gewinn, sondern eher Umsatz. Denn von dem Honorar muss er neben den Büroräumen ein Heer an Fachleuten wie Juristen, Steuerexperten und Firmenberatern bezahlen. Diese Kompetenzzentren für Insolvenzrecht sind seit längerem ein Trend in der Branche.
Geiwitz' Kanzlei zählt etwa 200 Mitarbeiter - darunter allein 10 Wirtschaftsprüfer, 18 Steuerberater und 38 Rechtsanwälte. Ihr Schwerpunkt ist Süd- und Mitteldeutschland - und Sanierungen im Einzelhandel gehören zu einem der vielen Tätigkeitsfelder. Bei ihrer Arbeit gilt die Faustregel: Besonders lukrativ sind große Fälle - und die bekommen eben nur Kanzleien, die neben Erfahrung auch Kapazität mitbringen. Die Amtsgerichte entscheiden von Fall zu Fall neu, wer zum Insolvenzverwalter wird. Das ganz große Geschäft wird in einem geschlossenen Zirkel aus Profis verteilt, Neulinge sind praktisch chancenlos.
Bei Schlecker legte das Amtsgericht Ulm das Verfahren komplett in die Hände von Schneider, Geiwitz & Partner. So ist Arndt Geiwitz der Insolvenzverwalter der Schlecker-Muttergesellschaft, für die der eingetragene Kaufmann Anton Schlecker haftet. Werner Schneider ist zuständig für die Schlecker XL GmbH und als Dritter im Bunde ist ihr Partner Patrick Wahren für die Schlecker Home Shopping GmbH bestellt.