Report: Die CSU feiert den Koalitionsvertrag
München (dpa) - Er präsentiert sich nicht als strahlender Sieger. Man merkt Horst Seehofer die Anspannung der vergangenen Tage und Wochen schon an, als er nach München zum CSU-Vorstand und zu den Bundestagsabgeordneten kommt.
Über den schwarz-roten Koalitionsvertrag sei er „hoch zufrieden“, betont der Parteichef und Ministerpräsident. Kritik aus der Wirtschaft oder neue Zweifel aus der CDU an der Pkw-Maut wischt er beiseite. „Es gibt halt schlechte Verlierer“, sagt er zu den Maut-Mäkeleien.
Erst die CSU-Siege bei Landtags- und Bundestagswahl, dann das 95-Prozent-Ergebnis bei seiner Wiederwahl als Parteichef, jetzt der erfolgreiche Abschluss der Koalitionsverhandlungen: Seehofer ist in diesen Wochen in der CSU der Größte. „Er ist im Zenit von Macht und Ansehen“, sagt einer aus dem Vorstand - und fügt lediglich süffisant hinzu: „Was man ihm auch auf Schritt und Tritt anmerkt.“
Hoch angerechnet wird Seehofer, dass er sich in den Verhandlungen mit CDU und SPD in vielen Punkten durchgesetzt hat. Zuerst personell: In der Münchner Sitzung bestätigt er erstmals, das die Christsozialen auch weiterhin drei Ministerien in Berlin führen werden. In der vergangenen großen Koalition 2005-2009 waren es nur zwei. „Wenn wir jetzt drei haben, dann ist das schon eine große Beute für die CSU“, so ein Vorstandsmitglied anerkennend. Welche es sind, sagt Seehofer nicht. Spekuliert wird aber, dass es - wie bisher schon - das Innen-, das Verkehrs- und das Agrarressort sind. Aber auch inhaltlich werden mehrere Punkte als Erfolge Seehofers gewertet: dass es über die gesamte Legislatur keine Steuererhöhungen geben soll, dass es höhere Mütterrenten geben wird - und natürlich dass die Pkw-Maut für Ausländer tatsächlich im Vertrag steht. „In der CSU herrscht Hochstimmung“, sagte ein Vorstand mit Blick auf die Pkw-Maut. Allerdings werde das „Kleingedruckte“, würden die harten Bedingungen für die Maut im Koalitionsvertrag allzu gerne überlesen.
Irgendwelche Bedenken zählen an diesem Nachmittag ohnehin nicht. Parteivorstand und Bundestags-Landesgruppe sind zusammengekommen, um den Koalitionsvertrag durchzuwinken - und um sich selbst und den Parteivorsitzenden zu feiern. Der neue Verkehrsminister habe in Sachen Maut nun eben einige Arbeit vor sich, heißt es schlicht.
Der neue Verkehrsminister: Nach verbreiteter Einschätzung in der CSU wird das der bisherige Generalsekretär Alexander Dobrindt werden. Denn dass der Oberbayer ins Kabinett wechseln soll, das hat Seehofer schon offiziell angekündigt - nur das Ressort hatte er noch offen gelassen. In der CSU geht man nun von folgendem Szenario aus: dass Hans-Peter Friedrich Innenminister bleibt und dass Dobrindt das Verkehrsressort übernimmt - um die Maut durchzusetzen. Der bisherige Verkehrsminister Peter Ramsauer, von dem Seehofer bekanntlich nicht allzu viel hält, müsste dann ins Agrarressort wechseln. Alternativ würde Ramsauer sein Amt behalten und Dobrindt Agrarminister werden. Und was ist mit den Frauen? Fragt man danach, wird sofort auf den zentralen Posten von Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verwiesen.
Bleibt noch die Frage, wer neuer CSU-Generalsekretär wird. Jemand aus der Landesgruppe, das immerhin hat Seehofer schon preisgegeben. In der Partei kursieren mehrere Namen: der Parlamentarische Geschäftsführer Stefan Müller etwa, oder die Abgeordneten Thomas Silberhorn und Daniela Ludwig. Wer es wird, das will Seehofer aber erst sagen, wenn die Koalition endgültig steht.
Alles in ruhigen Bahnen also? Fast. Wäre da nicht das ZDF-Interview mit Sigmar Gabriel, das Seehofer massiv geärgert hat. Er betont zwar, er sei ganz gelassen, redet sich dann aber den Ärger von der Seele, minutenlang. „Wie überhaupt jemand auf die Idee kommen kann, dass die Befragung der Mitglieder - also eines wesentlich breiteren Personenkreises - irgendwo verfassungsrechtlich problematisch sein kann... - also der mildeste Ausdruck ist Kopfschütteln“, schimpft er über Zweifel am SPD-Mitgliederentscheid. Einen Brief an den ZDF-Intendanten habe er sogar schon geschrieben, berichtet der CSU-Chef und stellt fest: „Ich verteidige jetzt die SPD.“ So weit ist es in der CSU mittlerweile gekommen.