Report: Die Profiteure des Bahnstreiks

Freiburg/Stuttgart (dpa) - Eine Traube von Menschen drängelt sich an der schmalen Haltestelle am Freiburger Hauptbahnhof. Der Bus nach Stuttgart ist am Freitagabend bis auf den letzten Platz besetzt.

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Als die Nachrichtenportale am Dienstag über die Ankündigung des Lokführer-Streiks berichteten, war die Strecke binnen weniger Stunden ausgebucht - wie viele Fernbusverbindungen an diesem Wochenende.

„Das wird ein Rekordwochenende“, frohlockt eine Sprecherin des Betreibers MeinFernbus in Berlin. Auch nach der Absage der Streiks für Sonntag hat das Unternehmen noch bis Montag Zusatzfahrzeuge im Einsatz. 150 Busse schicke MeinFerbus zusätzlich auf die Straße, das entspreche 130 Fahrten pro Tag. Ein Sprecher des Konkurrenten DeinBus sagt: „Wir haben doppelt so viele Passagiere wie sonst im Bus.“ Der größte Nutzen sei der Imagegewinn für die Fernbusse an diesem Wochenende.

Bei den Mitfahrzentralen liefen die Server ebenfalls schon am Dienstagnachmittag heiß. Die Preise seien stabil bei 5 bis 7 Euro pro 100 Kilometer gelieben, sagt ein Sprecher von „mitfahrgelegenheit.de“. Trotzdem dürfte das Portal mehr eingenommen haben. Elf Prozent des vereinbarten Preises gibt der Fahrer für die Vermittlung ab. An einem normalen Freitag würden 100 000 Plätze gebucht. In der vergangenen Woche seien es mehr als 250 000 gewesen.

Mitwagenfirmen wie Sixt und Europcar sprachen von einer höheren Nachfrage, ohne Zahlen zu nennen. Einzelne Stationen seien ausgebucht gewesen, sagt eine Sixt-Sprecherin.

Der Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, Thomas Grätz, spricht von 40 bis 50 Prozent mehr Geschäft bei den Taxifahrern. Der Sprecher der Taxi-Bestell-App „mytaxi.de“ bestätigt die Tendenz: Die Buchungen seien allein am Donnerstag um 147 Prozent gestiegen.

Die Taxifahrer am Stuttgarter Hauptbahnhof stehen sich am Freitagnachmittag allerdings die Beine in den Bauch, weil sie vergebens auf Bahnreisende warteten. „Ich hatte in anderthalb Stunden eine Fahrt“, klagt Taxifahrer Nuri Ferle. „Außerdem gibt es soviel Stau, dass man nicht fahren kann.“

Auch die deutschen Spediteure ziehen keinen Nutzen aus dem Streik. Geplante Frachten, die mit Güterzügen der Deutschen Bahn befördert werden sollten, müssten mit großem Aufwand umdisponiert werden, sagte der Sprecher des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV) in Bonn. „Das bedeutet zusätzliche Kosten, auf denen die Spediteure sitzen bleiben.“

Die großen deutschen Fluglinien setzen nach eigenen Angaben auf ausgesuchten Strecken größere Maschinen ein, um mehr Passagiere zu befördern. Ein A380 werde zwar nicht auf innerdeutschen Strecken fliegen, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Wohl werde aber mal ein A320 durch einen A321 ausgetauscht, um 15 bis 20 Passagiere mehr zu befördern. Nach Angaben eines Air-Berlin-Sprechers sind die Flüge aber nicht restlos ausgebucht: „Ich glaube, dass Mitfahrzentralen und Busse am meisten profitieren.“