Report: Merkels Union hadert mit Griechenland-Hilfe

Berlin (dpa) - Unionsfraktionschef Volker Kauder hat den CDU- und CSU-Bundestagsabgeordneten im Ringen um Hilfen für das dramatisch verschuldete Griechenland schon viel abverlangt.

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Aber das hat der Vertraute von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel nicht geschafft: dass sie allesamt den Verlauf des Dramas gelassen abwarten. „Schlaft alle ganz ruhig. Die Entscheidung kommt auf uns zu, und dann werden wir schon den richtigen Weg finden“, hatte er Mitte Juni seinen 310 Unions-Kolleginnen und Kollegen im Parlament zugerufen. Sie bilden die mit großem Abstand größte Fraktion. Auf sie baut Merkel, wenn sie für ihre Euro-Politik Bundestagsbeschlüsse braucht.

Doch vor allem Politiker der Schwester CSU finden offensichtlich, dass jetzt nicht in der Ruhe die Kraft für die Verhandlungen über die finanzielle Rettung Griechenlands liegt, sondern eher in kräftigem Wirbeln. Dabei gibt es noch keine Bewertungen durch Brüssel, weil dort selbst noch keine Klarheit über die griechischen Pläne herrscht.

Ungebeten rät der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses, Ex-Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), am Mittwochmorgen der Kanzlerin via ZDF: „Schluss machen. Schluss. Aus.“ Also Griechenland raus aus dem Euro. Merkel hatte wieder einmal bis in die Nacht in Brüssel verhandelt, um einen Euro-Austritt Athens zu verhindern. Und Ex-Innenminister und Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) warnt schon einmal in der „Rheinischen Post“, er kenne keinen einzigen Fraktionskollegen, der eine Basis für ein drittes Hilfspaket sehe.

Markige Sprüche, mächtige Drohungen. Von Rebellion ist die Rede. Für den gemäßigteren Teil der Fraktion ist das ärgerlich und überflüssig. Denn derzeit hätten politische Äußerungen eine Halbwertzeit nur von Stunden, weil nichts sicher sei, heißt es am Mittwochvormittag in Unionskreisen. Eine Entscheidung könne erst getroffen werden, wenn Griechenland eine verlässliche Grundlage für Verhandlungen schaffe. Just zur selben Zeit stellt Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras einen Hilfsantrag beim Eurorettungsschirm ESM. Tsipras strebt ein Drei-Jahres-Hilfsprogramm der Geldgeber für sein Land an.

Als Tag der Entscheidung - nach vielen ergebnislos verstrichenen Treffen von Verantwortlichen der Eurozone - gilt nun der Sonntag mit dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Sollte die Staatspleite Griechenlands je abgewendet und ein drittes Hilfspaket für Athen ins Auge gefasst werden, muss der Bundestag ein Votum dazu abgeben. Eigentlich sind die Abgeordneten jetzt schon in der parlamentarischen Sommerpause. Doch viele stellen sich darauf ein, dass sie schon bald wieder in Berlin sind - Urlaubsruhe adé.

Dass Griechenland abermals der Grund dafür ist, dass deutsche Politiker berufliche oder auch private Pläne über den Haufen werfen müssen, löst nur begrenzt Verärgerung bei ihnen aus. Für Empörung und Fassungslosigkeit - und hier herrscht wieder Einigkeit unter den Unionsabgeordneten - sorgte dagegen der „Terrorismus“-Vorwurf des zurückgetretenen Finanzministers Gianis Varoufakis an die EU, weil sie Athen dazu gezwungen habe, die Banken zu schließen.

Die Motivation, Griechenland angesichts solcher Angriffe noch zu helfen, ist erst einmal rapide gesunken. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt - bekannt für leisere Töne - sagt der Deutschen Presse-Agentur: „Was wir in Griechenland erleben, ist ein Drama erster Güte. Es ist erschütternd zu sehen, wie Populismus über Vernunft siegt. (...) Ausschließlich die griechische Regierung kann jetzt noch die Entwicklung stoppen. Andernfalls wird sich ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro nicht verhindern lassen.“

Und dennoch heißt es intern: Sollte Merkel ein drittes Hilfspaket wollen, werde Kauder eine klare Fraktionsmehrheit dafür organisieren.