Report: Sarkozy führt Einsatz an - Merkel schaut zu

Paris (dpa) - Als die Spitzenpolitiker noch beim Essen im Elysée saßen, waren die Kampfjetpiloten schon in der Luft: Der Militäreinsatz gegen Libyen hat begonnen.

Die internationale Staatengemeinschaft hat nach dem Irak und Afghanistan einen Kriegsschauplatz mehr - mit dem Unterschied, dass er dieses Mal vor der eigenen Haustür liegt. Es ist ein neuer Versuch, einen verhassten Despoten loszuwerden. Deutschland sieht das mit großer Skepsis. Wenn es schief geht, droht ein langwieriger Konflikt, der möglicherweise nur schwer wieder zu beenden ist.

Muammar al-Gaddafi hat in den gut vier Jahrzehnten, in denen er über Libyen herrscht, schon so einiges überstanden - inklusive eines US-Luftangriffs 1986 auf seine Residenz, bei der angeblich auch seine Adoptivtochter getötet wurde. Die Schäden hat er nie reparieren lassen und immer wieder seinen Besuchern vorgeführt, als bewiesen sie seine wundersame Unverwundbarkeit.

Manche Diplomaten reiben sich noch die Augen, verwundert darüber, wie schnell alles gekommen ist. Dass die UN, die sonst für ihre langwierigen Prozeduren verschrien ist, sich in kürzester Zeit auf eine Resolution einigen konnte, die es in sich hat. Plötzlich war nicht mehr nur von der relativ harmlos klingenden Flugverbotszone die Rede, sondern von „allen nötigen Mitteln“, was einen handfesten Militäreinsatz einschließt.

Dabei hat die Genese dieser Resolution fast einen grotesken Charakter: Der französische Intellektuelle und begnadete Selbstdarsteller Bernard Henry Lévy war es, der den libyschen Rebellen mit einem Anruf aus der Wüste einen Termin mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy im Elysée verschaffte. Anschließend überstürzten sich die Ereignisse: Frankreich erkannte überraschend den libyschen Nationalrat diplomatisch an, Außenminister Alain Juppé reiste zum UN-Sicherheitsrat nach New York, die Gegner eines Einsatzes begnügten sich am Ende mit einer Stimmenthaltung.

Deutschland hatte die Wahl, für den Einsatz zu stimmen, ohne aber Soldaten zu schicken - das hätte jedoch als scheinheilig ausgelegt werden können. Eine Gegenstimme hätte das deutsch-französische Verhältnis arg belastet. So blieb nur die Enthaltung und das Angebot der indirekten Unterstützung. Deutschland wird nun mehr Soldaten nach Afghanistan schicken, um sich am Einsatz der Awacs-Flugzeuge zu beteiligen. Damit werden dort Kräfte für Libyen frei. Zudem dürfen auch die US-Stützpunkte in Deutschland genutzt werden.

Die Teilnahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Pariser Gipfel hatte vor allem symbolischen Charakter: Sie wollte den Eindruck vermeiden, dass Deutschland kneife. Außerdem mussten die Franzosen gebauchpinselt werden, die in der deutschen Stimmenthaltung einen Affront gegen die deutsch-französische Partnerschaft sahen.

Gastgeber Sarkozy steht auf der Weltbühne derzeit als tatkräftiger Krisenmanager da. Diese Rolle dürfte ihm umso besser gefallen, als in gut einem Jahr die Präsidentschaftswahlen anstehen. Besonders erfreulich für ihn ist es, dass selbst die heimische Opposition sein Vorgehen unterstützt. Nun hängt jedoch alles davon ab, wie der Einsatz verlaufen wird.

„Deutschland hatte gegen Teile der UN-Resolution Bedenken. (...) Aber jetzt gilt die Resolution, und wir wollen, dass sie erfolgreich durchgesetzt wird“, sagte Merkel nach dem Treffen. Wenn der Einsatz erfolgreich verläuft, könnte er eine Warnung an andere Despoten sein. Aber das ist noch lange nicht ausgemacht.