Report: Unfall-Inferno im Sandsturm
Kavelstorf (dpa) - Die Fahrt ins Wochenende endet mit einer Katastrophe: In einem Sandsturm, bei extrem schlechten Sichtverhältnissen von weniger als zehn Metern, rasen am Freitagmittag bei Rostock Autos auf der A19 ineinander.
Zehn Tote sind zu beklagen, rund 100 Menschen werden verletzt.
Im Sekundentakt knallen die Fahrzeuge mit ohrenbetäubendem Lärm auf die vor ihnen stehenden Autos, schieben sie ineinander. Am Ende sind es rund 80 Wagen, die auf der Straße liegen bleiben. Davon sind drei Lastwagen, einer auch noch ein Gefahrguttransporter.
„Das ist der schlimmste Verkehrsunfall, den Mecklenburg-Vorpommern je erlebt hat“, sagt Polizeisprecherin Yvonne Burand. Ein Augenzeuge spricht, spürbar geschockt, von „einem nie gesehenen Chaos“.
Wie der Unfall begann, ist zunächst kaum fassbar und schwierig zu ermitteln. Augenzeugen berichten von einer regelrechten Wand, als sie in eine leichte Senke hinter einem Waldstück hineinfuhren. Ein Sturm, der seit der Nacht über den Norden Mecklenburg-Vorpommerns fegte, hatte Unmengen Sand von den umliegenden kahlen Feldern aufgewirbelt und über die Autobahn geweht. Auf der Fahrbahn liegen regelrechte Sandwehen. In beiden Fahrtrichtungen krachen die Autos ineinander.
Dann beginnen Fahrzeuge zu brennen. Auch der Gefahrguttransporter, der umgekippt ist, fängt Feuer. Unter dem tonnenschweren Fahrzeug sind weitere Autos eingeklemmt. Was der Laster geladen hat, ist erst einmal nicht bekannt. „Kohlenwasserstoffe“, heißt es zunächst, also Mineralölprodukte wie etwa Benzin. Die Menschen, die Richtung Berlin fahren, haben Glück. Sie bleiben von dem Feuersturm verschont.
Nach Abschluss der Löscharbeiten bietet sich den Helfern ein Bild des Grauens. Polizistin Burand ringt nach Worten: „Man weiß nicht, wo das eine Wrack anfängt und das andere aufhört.“ Die Toten sind auch Stunden danach nicht identifiziert. Viele Verletzte müssen in umliegenden Krankenhäusern behandelt werden.
Mehrere hundert Rettungskräfte sind im Einsatz, sie sind aus den Kreisen Güstrow und Bad Doberan sowie der Hansestadt Rostock zusammengezogen worden. Rettungswagen verlassen im Minutentakt die Unfallstelle, Hubschrauber kreisen. Die Arbeit der Retter wird stundenlang durch beißenden Sand behindert. Bauern rücken an und sprühen Gülle auf die angrenzenden Felder, um den trockenen Sand zu binden. Ein bestialischer Gestank liegt über dem Unfallort.