Report: „Wir sind erleichtert“

Verden (dpa) - Er ist akkurat, intelligent und zurückhaltend. Er lebt unauffällig, war Jugendbetreuer, arbeitet als Pädagoge in der Erwachsenenbildung, ist 40 Jahre alt und seit seinem 21. Lebensjahr Single: Eigentlich kann man so einen netten Nachbarn beschreiben.

Doch die Fahnder entdecken hinter dieser Fassade den Mörder des kleinen Dennis aus dem niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck. Einen Mann, der auch noch weitere Jungen umbrachte. In der Öffentlichkeit wurde der lange Gesuchte oft „Phantom“, „Maskenmann“ und der „schwarze Mann“ genannt.

Fast zehn Jahre nach dem Mord an dem blonden Dennis K. kommt jetzt endlich der erlösende Erfolg für die akribische Arbeit der Ermittler. „Wir sind erleichtert“, sagt der Leiter der Polizeiinspektion Verden/Osterholz, Uwe Jordan, am Freitag bei der Vorstellung der Ergebnisse. Auch die Angehörigen können nun die grausige Tat vermutlich besser aufarbeiten. Die Ungewissheit ist zu Ende, wer Dennis tötete, den Neunjährigen, der Pokemon und Fußball liebte und heute volljährig wäre.

Das Glück kommt den Kommissaren bei der Lösung des Falles zu Hilfe: Anfang Februar stellen sie bei einer Pressekonferenz eine neue Spur zum möglichen Wagen des Mörders vor. Experten berichten über ein genaues Profil des Täters. Sie wollen damit den Täter mit der Maske, das Phantom, „entmonstern“.

Die Spur mit dem Auto ist kalt, sie führt zunächst ins Leere. Doch ein ehemaliges Missbrauchsopfer des Mannes aus dem Jahr 1995 erinnert sich bei den Angaben zum Profil des Serientäters an neue Details. Er meldet sich bei den Fahndern. Er erzählt von Gesprächen in einem Landheim mit dem jetzt Festgenommenen. Damals war er selbst erst zehn.

„Genau dieser Hinweis war der Schlüssel, um die Gesamtserie lösen zu können“, sagt der Leiter der Sonderkommission „Dennis“, Martin Erftenbeck. Das Auto dürfte - dem Inhalt des Geständnisses nach - wohl nichts mit dem Fall zu tun haben. Am Mittwoch dieser Woche klicken die Handschellen.

2007 saß der jetzt in Niedersachsen Inhaftierte schon einmal bei der Polizei zur Vernehmung in diesem Fall. „Er ist als Sexualstraftäter überprüft worden“, sagt Erftenbeck. Es konnten aber damals bei den Ortsangaben keine Übereinstimmungen festgestellt werden. Die Überprüfung wurde abgebrochen.

Jetzt jedoch gesteht der gebürtige Bremer, der in Hamburg lebt, drei Morde. Zudem schlich er in Häuser, Zeltlager sowie Landheime und belästigte Jungen. Das tat er viele Jahre lang unerkannt.

Dennis zum Beispiel verschwand am 5. September 2001 nachts aus einem Schullandheim im Kreis Cuxhaven. Zwei Wochen später fanden Pilzsammler die Leiche des Jungen. Erst mit diesem Fall zeichnete sich für die Ermittler ab, dass der Täter früher schon mehrmals gemordet hat - nach dem gleichen Schema, immer kleine Jungen.

Die Fahnder gehen von fünf Morden seit 1992 aus. Drei gesteht der 40-Jährige jetzt bei seiner Vernehmung. Vor Dennis aus Osterholz-Scharmbeck ermordete er nach eigenen Angaben 1992 den 13-jährigen Stefan. Dessen Leiche wurde ebenfalls in Niedersachsen, in den Verdener Dünen, gefunden.

Drei Jahre später - 1995 - schlug er erneut zu. Aus einem Zeltlager in Schleswig-Holstein verschwand der acht Jahre alte Dennis R.. Der Täter brachte ihn nach Dänemark in ein Ferienhaus und vergrub später unweit davon die Leiche.

Die Polizei glaubt, dass noch zwei andere Morde 1998 und 2004 auf das Konto des jetzt Geschnappten gehen. Der Mann aber bestreitet das: „Er will mit diesen Taten nichts zu tun haben“, sagt Erftenbeck.

Der Fall mit insgesamt mehr als 8000 Hinweisen und rund 80 Metern Aktenbeständen ist für die Ermittler noch nicht abgeschlossen. Alle Fakten wollen sie noch nicht auf den Tisch legen.

„Wir können natürlich viel mehr sagen“, erläutert Jordan. Belastende Fakten gebe es neben dem Geständnis noch mehr. Der 40-Jährige habe „exklusives Täterwissen“ preisgegeben.

Der Haftbefehl wurde zunächst wegen dreifachen Mordes und Missbrauchs in mehreren Fällen vom Amtsgericht Stade erlassen.

Die Anklage könne durchaus noch wesentlich umfangreicher ausfallen, sagte der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Stade, Kai Thomas Breas. „Wir rechnen mit einem Prozessbeginn noch in diesem Jahr.“