Schwimmer hoffen auf Steffen und Biedermann

Berlin (dpa) - Drei Trümpfe namens Britta Steffen, Paul Biedermann, Thomas Lurz - aber reicht das für ein Dutzend Medaillen?

Eine gewagte Rechnung mit vielen Unbekannten hat der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) nach den Peking-Enttäuschungen mit Innenministerium und dem Deutschen Olympischen Sportbund für London aufgestellt. So ganz wohl ist den Verantwortlichen dabei nicht (mehr).

DSV-Leistungssportdirektor Lutz Buschkow nennt die Vorgaben „sehr ambitioniert und hochkarätig“. Mehr als doppelt so viele Medaillen wie die fünf bei den Spielen 2008 sollen her. Offizielle Medaillenprognosen lassen die DSV-Protagonisten seit dem Vorjahr lieber weg.

Die Rechnung hat nämlich bereits vor Beginn der Spiele einen Haken: Sechs Medaillen für die Beckenschwimmer, drei durch die Wasserspringer, zwei im Freiwasser mit dem Team um Rekord-Weltmeister Thomas Lurz und eine im Wasserball soll(t)en es werden. Und da geht die Addition schon gar nicht mehr auf, denn die ambitionierten Wasserball-Männer patzten nach guten Jahren überraschend bei der Olympia-Qualifikation Anfang April.

So oder so tragen im Aquatics Center Britta Steffen & Co. die Hauptlast der ohnehin nicht überbordenden Erwartungen. Die Berlinerin rettete bereits vor vier Jahren in Peking mit ihrem Doppel-Olympiasieg die bis dahin desaströse Bilanz der deutschen Schwimmer. Nach dem WM-Desaster des Vorjahres samt vorzeitiger Abreise hat die 28-Jährige wieder zu sich selbst gefunden und überzeugte bei der EM im Mai ebenso wie ihr Lebensgefährte Biedermann mit drei Siegen. Britta Steffen bekommt es allen voran mit der Weltjahresbesten Ranomi Kromowidjojo (Niederlande) zu tun.

Fast schon nicht mehr zählen kann Paul Biedermann die möglichen Medaillenkandidaten. Über 400 und vor allem 200 Meter Freistil ballen sich die Top-Schwimmer: Chinas Sun Yang, Südkoreas Weltmeister Park Tae Hwan, Ex-Europameister Yannick Agnel (Frankreich) und natürlich die Amerikaner mit Rekord-Olympiasieger Michael Phelps und Serien-Weltmeister Ryan Lochte. Wobei Phelps bei seiner weiteren olympischen Rekordjagd die 200 Meter auslassen will, also „nur“ sieben statt acht Strecken bei der Goldhatz schwimmt.

„Auf dicke Hose machen“, das überlässt Biedermann, Doppel-Weltmeister von 2009 und dreimaliger WM-Dritter des Vorjahres, gerne der Konkurrenz. „Ich will besser sein als in Peking“, sagt der Olympia-Fünfte von 2008 nach außen hin bescheiden. Heimtrainer Paul Embacher verrät: „Man nimmt sich ja nicht unbedingt Platz vier vor.“

Neben dem Traumpaar könnten einige der sechs Staffeln Medaillenchancen haben. Eine Finalteilnahme wäre für den WM-Dritten über 200 Meter Brust, den Wuppertaler Christian vom Lehn, nach verletzungsbedingter Pause ein realistisches Ziel. An guten Tagen könnte für Außenseiter wie Jan-Philip Glania, Markus Deibler oder Marco Koch mehr als ein Finalplatz drin sein.

Gold im Kopf hat Freiwasser-Ikone Thomas Lurz. Der Würzburger will nach Bronze bei der Olympia-Premiere 2008 über 10 Kilometer und zehn WM-Titeln die große Karriere krönen. „Die einzige Medaille, die mir noch fehlt“, nannte Lurz das „ganz, ganz große Ziel“. Unter die Top Ten im Hyde Park wollen Andreas Waschburger und die dann 36-jährige Angela Maurer.

Ihre Medaillenchancen vor allem im Synchron-Wettbewerb nutzen sollen und wollen die Wasserspringer. Vom Turm zählen Patrick Hausding und Sascha Klein seit Olympia-Silber 2008 zur Weltspitze. Klein vom Turm und mit Abstrichen Hausding vom Drei-Meter-Brett haben auch im Einzel Chancen. Neben den Wasserball-Teams sind auch die deutschen Synchronschwimmerinnen nur Zaungäste.