Sebastian Edathy: NSU-Aufklärer in undurchsichtiger Affäre
Berlin (dpa) - Politischen Weggefährten steht die Bestürzung bei der Erwähnung von Sebastian Edathy derzeit ins Gesicht geschrieben.
Als Edathy am vergangenen Wochenende überraschend bekanntgab, dass er aus gesundheitlichen Gründen nach 15 Jahren sein Bundestagsmandat niedergelegt hat, machten sich viele Gedanken über eine schwere Krankheit des 44-Jährigen. Mittlerweile steht Edathy im Mittelpunkt einer undurchsichtigen Affäre.
Am Dienstag wurden Durchsuchungen in seinen Wohnungen und Büros bekannt. Edathy selbst meldete sich seitdem nur via Facebook und „Spiegel online“ zu Wort. Über seinen Facebook-Account wies er den Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie zurück: „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr (...) Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor“, schrieb er.
Am Mittwoch kritisierte er dann bei „Spiegel online“ die gegen ihn ermittelnde Staatsanwaltschaft Hannover scharf. Das Vorgehen sei „unverhältnismäßig“ und stehe „im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen“. Den Artikel mit seinen Zitaten des Onlineportals postete er am selben Tag ebenfalls auf seiner Seite. Wo sich der SPD-Politiker derzeit aufhält, ist unklar - in der SPD wähnt man ihn in Dänemark.
Edathy wurde bundesweit bekannt durch den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags: Als Vorsitzender des Gremiums zu den Morden der rechtsextremen Terrorgruppe und möglichen Fehlern der Geheimdienste erwarb er sich im vergangenen Jahr parteiübergreifend hohes Ansehen. Der SPD-Innenpolitiker leitete das Gremium umsichtig und stellte die Aufklärung über Parteiinteressen. Bei den Vernehmungen im Ausschuss zeigte er sich hartnäckig, bisweilen angriffslustig und geriet mit Zeugen ein paar Mal auch aneinander.
Edathy war seit 1998 Mitglied des Bundestags und leitete von 2005 bis 2009 den Innenausschuss. In Hannover hat er Soziologie und Sprachwissenschaft studiert, 1990 trat er der SPD dabei. Sein Vater kam in den 60er Jahren aus Indien nach Deutschland, seine Mutter ist Deutsche. Edathy ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Der Innenpolitiker, in Hannover geboren, ist intelligent, redet stets langsam und bedacht, bisweilen scharfzüngig.
Ein wichtiges Anliegen ist ihm seit Jahren die Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Auch setzte er sich stark für die Anliegen von Migranten ein - er selbst beklagte ausländerfeindliche Ressentiments im Alltag. So erzählte er öffentlich, ein Mitglied seiner Partei habe bei seiner ersten Kandidatur für den Bundestag 1998 gesagt, man müsse abwarten, wie „ein Bewerber mit dunklem Teint“ ankomme.
Edathy ist bei Facebook sehr aktiv. Der SPD-Politiker postet viele Fotos, darunter Begegnungen mit anderen Politikern, Termine im Wahlkreis, sehr oft seinen Hund. Mitte Januar hatte er einen Ausschnitt einer Krankschreibung im sozialen Netzwerk gepostet. Mitglieder der SPD-Fraktion berichten, dass es dem Politiker seit Monaten nicht gut gegangen sei. Von akuten Erschöpfungssymptomen ist die Rede.
Ab Januar war der Bundestagsabgeordnete krankgeschrieben. Seinen Mitarbeitern bedeutete er frühzeitig, sich etwas Neues zu suchen, eine Mitarbeiterin kam im Umweltministerium unter.