Seehofer beharrt auf Obergrenze für Flüchtlinge
Schwarzenfeld/Berlin (dpa) - Trotz des Disputs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Flüchtlingspolitik setzt CSU-Chef Horst Seehofer fest auf die Einigkeit der Union im Bundestagswahljahr.
Die schwierige Situation mit der Schwesterpartei solle aufgelöst werden, sagte er nach Teilnehmerangaben auf einer CSU-Vorstandsklausur im oberpfälzischen Schwarzenfeld. Die Union sei sein Leben. „Und ich möchte den Erfolg dieser Union.“ Man dürfe Probleme aber nicht schönreden. Vertrauen komme nur durch bessere Politik.
In der Sache zeichnete sich vor dem Koalitions-Spitzentreffen am Sonntag keine rasche Einigung im Unions-Streit über Merkels Flüchtlingspolitik ab. „Wir brauchen jetzt klare, verlässliche Regeln für die Zuwanderung auch für die Zukunft“, sagte Seehofer. „Ohne Begrenzung werden wir es nicht schaffen - das ist meine tiefe Überzeugung.“ Seehofer betonte, mit dieser Politik richte man sich nicht gegen die CDU, die CDU sei nicht der Gegner. Die CSU sei aber eine eigenständige Partei und brauche ein eigenständiges Profil.
Unberührt von der teils heftigen Oppositionskritik beschloss die CSU am Abend ihren umstrittenen Forderungskatalog für die Zuwanderungspolitik - mit der Forderung nach einer Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Der Vorstand stimmte dem Papier einstimmig zu - mit einigen Änderungen: Vor allem wurde, nach Kritik auch aus der CDU, die Vorrang-Regelung für Zuwanderer „aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis“ nachgebessert. Hier sei klargestellt worden, dass dies nicht in der Asylpolitik gelten solle, also für Flüchtlinge, sondern nur bei der klassischen Einwanderung.
In der Sitzung sagte Seehofer nach Teilnehmerangaben, es solle „Geschwisterlichkeit“ mit der CDU gesucht werden - und betonte das Miteinander mit Merkel. Er habe schon immer zu ihr gesagt: „Wir wollen mit Dir gewinnen. Aber wir wollen gewinnen. Und das Zweite ist das Wichtigste.“ Seehofer äußerte sich demnach noch nicht konkret zu einer möglichen weiteren Kanzlerkandidatur Merkels, schloss sein eigenes Antreten aber quasi aus. „Eine Kanzlerkandidatur gehört nicht zu meiner Gedankenwelt“, sagte er in der Sitzung. Grundsätzlich betonte er dabei auch, niemand sei unersetzlich - auch er nicht.
Für Wirbel sorgte ein Medienbericht über eine angebliche Ausladung Merkels vom CSU-Parteitag im November. Seehofer nannte dies „eine unglaubliche Gespensterdiskussion“. Merkel und er würden besprechen, wie man mit den Parteitagen von CSU und CDU umgehe. Jetzt gehe es „um die Klärung der Koordinaten zwischen CDU und CSU, um die Inhalte“.
Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, Seehofer habe Merkel bei einem Telefonat ausgeladen. Dem „Focus“ sagte Seehofer zu einem möglichen Auftritt Merkels: „Ich will keine Wiederholung des letzten Jahres. Und ich nehme an, sie will es auch nicht.“ Er erwarte, dass sich CDU und CSU bis dahin „in den wesentlichen Positionen verständigt haben“.
Beim CSU-Parteitag 2015 hatte der bayerische Ministerpräsident die Kanzlerin auf offener Bühne düpiert. Ohne Einigung will er selbst nicht beim CDU-Parteitag sprechen. Dem „Spiegel“ sagte der CSU-Chef: „Ohne einen Konsens wäre mein Auftritt nur ein Medienspektakel.“
Merkel und Seehofer kommen am Sonntagnachmittag zum ersten Treffen der Koalitionsspitzen nach der Sommerpause mit SPD-Chef Sigmar Gabriel zusammen. Zuvor ist ein Gespräch von Merkel und Seehofer geplant. Dabei dürfte es auch darum gehen, wie man nach der Eskalation im Flüchtlingsstreit wieder mehr zueinander finden könnte.
SPD-Generalsekretärin Katarina Barley forderte von Merkel, die Blockade in der Union aufzulösen: „Der Streit zwischen CDU und CSU darf nicht zur Belastung für die Arbeit der Bundesregierung werden.“
Seehofer rief Merkel angesichts der Bundestagswahl 2017 zum Einlenken auf. „Wenn wir's richtig machen, haben wir eine ganz große Chance - wir müssen es nur richtig machen. Und jetzt ist der richtige Zeitpunkt, auch darüber nachzudenken und klug zu entscheiden.“ Dabei bezeichnete er die Wahl als „Mutter aller Wahlen“. Für die CSU habe diese zudem eine strategische Bedeutung, „weil sie sozusagen die Stimmung vorprägt für unser bayerisches Landtagswahljahr“.
Kritik an der Ausrichtung der CSU wies Seehofer zurück. „Wir machen eine Politik auf unserem demokratischen Grundboden. Wir bilden die gesellschaftliche Mitte ab und das rechte demokratische Spektrum. Das ist unser Standort.“ Auch National- und Wertkonservativen biete man eine politische Heimat. „Wenn wir dies gut besetzen als Volkspartei, dann werden wir auch gut abschneiden in der Bundestagswahl.“