Sport und Politik: Boykott, Protest, Propaganda
Berlin (dpa) - Internationale Proteste gegen die Olympischen Spiele in Nazi-Deutschland 1936 blieben ungehört, und Hitler machte die Wettkämpfe in Berlin und Garmisch-Partenkirchen zur Propagandaveranstaltung für seine Politik.
Auch in den folgenden Jahrzehnten nutzten Herrscher sportliche Großereignisse zur Selbstdarstellung, wurden Wettkämpfe aus politischen Gründen kritisiert oder sogar boykottiert.
1968 stand die Ausrichtung der Olympischen Spiele in Mexiko-Stadt zeitweise infrage. Wochenlang hatten Studenten gegen das Prestigeprojekt für eine korrupte Regierung protestiert, es gab Dutzende Tote. Trotz internationaler Proteste wurden die Spiele aber wie geplant eröffnet.
In Montreal 1976 verlangten afrikanische Staaten den Ausschluss Neuseelands, weil dessen Rugby-Team mehrfach in dem vom IOC ausgeschlossenen Apartheidsland Südafrika spielte. Das IOC widerstand dem Druck, und 28 afrikanische Länder boykottierten die Spiele.
Ende 1979 besetzten sowjetische Truppen Afghanistan. Im April 1980 beschloss das Olympische Komitee der USA auf Druck von Präsident Jimmy Carter den Boykott der Spiele in Moskau. Das deutsche NOK schloss sich an, nachdem sich der Bundestag einmütig für ein Fernbleiben ausgesprochen hatte. Am Ende fuhren nur 81 Länder zu den Spielen, 42 boykottierten.
Die Revanche folgte vier Jahre später zu den Spielen in Los Angeles. Das NOK der Sowjetunion beschloss, nicht in die USA zu fahren - mit der angeblich nicht gewährleisteten Sicherheit für die Athleten als offizieller Begründung. Die DDR und 14 weitere Vasallen der UdSSR beteiligten sich am Boykott.
Als Strafmaßname für das Vorgehen Belgrads im Bosnien-Krieg wurde 1992 die Teilnahme Jugoslawiens bei der Fußball-EM in Schweden suspendiert. Als Nachrücker fuhr Dänemark zum Turnier und wurde Europameister. Während des Kosovo-Krieges 1999 wurde ein allgemeiner Sportboykott gegen Jugoslawien gefordert. „Das ist die angemessene Form“, erklärte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) als amtierender EU-Ratspräsident. Der Tischtennis- und der Volleyball- Verband suspendierten die Mitgliedschaft Belgrads, in den meisten anderen Sportarten blieb aber alles beim Alten.
Nach mehreren Olympischen Spielen ohne die Absage ganzer Ländergruppen wurden vor den Wettkämpfen in Peking 2008 erneut Boykott-Aufrufe laut. Grund war das gewaltsame Vorgehen des Regimes in der Unruhe-Region Tibet wenige Monate zuvor. Die Spiele fanden statt, es blieb bei Demonstrationen in einigen Metropolen der Welt.
Bei Protesten gegen das Regime im Golf-Königreich Bahrain waren 2011 Dutzende Menschen getötet worden. Erstmals überhaupt wurde daraufhin aus politischen Gründen ein Formel 1-Rennen abgesagt. Bahrains Protestbewegung forderte eine Absage des Formel-1-Rennens am 21. und 22. April 2012, weil sich die Veranstalter vom Königshaus instrumentalisieren ließen und mit dem Rennen ein falsches Bild der Normalität verbreiteten. Begleitet von Protesten in der Hauptstadt Manama fand das Rennen statt. Formel-1-Chef Bernie Ecclestone will auch langfristig an Rennen in Bahrain festhalten: „Absolut. Für immer. Kein Problem“.