Stimmung in Athen: „Hoffentlich erleuchtet sie Gott“
Athen (dpa) Keine Demonstrationen, keine großen Streiks, keine Straßenschlachten - angesichts der dramatisch zugespitzten Krise in Athen ist die zuvor hitzige Stimmung einer Art Starre gewichen. Doch der wütende Protest kann jederzeit wieder aufflammen.
Viele Griechen sind es leid, dass die regierenden Sozialisten und die konservativen Opposition trotz der immer bedrohlicheren Lage für das Land ihren Machtkampf austragen. Dementsprechend scharf fallen auch die Kommentare auf der Straße aus. Die Athener Rentnerin Eva Papadopoulou fordert am Freitag mit drastischen Worten ein Ende des Streits zwischen Ministerpräsident Giorgos Papandreou und seinem konservativen Kontrahenten Antonis Samaras: „Die sollen allesamt zum Teufel gehen!“ ruft Papadopoulou.
Die Rentnerin glaubt, dass die Streithähne - beides Söhne reicher griechischer Familien - „das Land in den Ruin führen“. Angesichts der Wirtschaftskrise mit hunderttausenden Arbeitslosen und einer überbordenden Schuldenlast würden die beiden Politiker dann „einfach ins Ausland abhauen“, argwöhnt Papadopoulou.
Das andauernde Feilschen um die Macht trotz dramatischer Schuldenkrise sorgt auch in der griechischen Presse für deutliche Kommentare. „Akrobatik und das Land am Rande des Abgrunds“, schrieb die Athener Zeitung „Ta Nea“. Auf den Glauben setzt angesichts der verfahrenen Lage am Freitag ein Kommentator im Fernsehsender Skai: „Hoffentlich erleuchtet sie Gott“ sagte er mit Blick auf die beiden Hauptdarsteller der neugriechischen Finanztragödie, Papandreou und Samaras.
Den beiden sollte eine Einigung eigentlich nicht so schwer fallen, waren sie doch früher Mitschüler im Amherst College in den USA, lautet der Tenor. Zumal das Ziel kaum wichtiger sein könnte: Das Land vor dem Bankrott retten und zusammen den griechischen Staat auf den Weg der Reform zu bringen.
Die Zeit läuft den Kontrahenten und damit auch dem ganzen Land davon. Nur bis Mitte Dezember hat Griechenland noch Geld, um Löhne und Renten auszuzahlen. Das Volk zeigt sich derweil gespalten zwischen dem Wunsch, den Euro als Währung zu behalten, und der Ablehnung für das drakonische Sparprogramm, dass damit verbunden ist: Umfragen zeigen, dass 65 Prozent der Befragten zwar gegen das Sparprogramm - aber 76 Prozent für den Verbleib des Landes in der Eurozone sind.
Dass die Griechen nun gar nicht mehr über Sparprogramm oder Euroverbleib abstimmen sollen, scheint die Gemüter in Athen dagegen relativ wenig zu beschäftigen. Ein Gemüsehändler im Stadtteil Moschato bringt es am Freitag auf den Punkt: „Welcher Grieche - außer den Kommunisten, die mittlerweile vom Zusammenbruch des Kapitalismus in Griechenland sprechen - würde dagegen stimmen?“