Strafrechtler: Lockerung der Auflagen wahrscheinlich
Berlin (dpa) - Geldwäsche, Drogenhandel, Lügen - die „New York Times“ berichtet von Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Frau, die Dominique Strauss-Kahn versuchte Vergewaltigung vorwirft. Nimmt das Verfahren gegen den früheren Chef des Internationalen Währungsfonds eine Wende?
Berlin (dpa) - Geldwäsche, Drogenhandel, Lügen - die „New York Times“ berichtet von Zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Frau, die Dominique Strauss-Kahn versuchte Vergewaltigung vorwirft. Nimmt das Verfahren gegen den früheren Chef des Internationalen Währungsfonds eine Wende?
Thomas Weigend, Professor für Internationales Strafrecht an der Universität Köln, glaubt, dass die Staatsanwälte einen Kompromiss suchen.
Die Staatsanwaltschaft hat offenbar Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zimmermädchens und hat Gespräche mit der Verteidigung geführt. Was steckt dahinter?
Weigend: „Die Staatsanwaltschaft strebt möglicherweise eine Kompromisslösung an, die eine Hauptverhandlung erspart und dennoch zeigt, dass der Vorfall in dem Hotel nicht in Ordnung war. Die Verteidigung kann sich auf eine Geldstrafe einlassen oder auf einen Freispruch spekulieren.“
Die Zweifel an der Zeugin kommen nicht von der Verteidigung, sondern den Anklägern - ist das nicht ungewöhnlich?
Weigend: „Die Staatsanwaltschaft versucht, vor allem in so einem prominenten Verfahren, vor der Hauptverhandlung zu klären, wie wasserdicht ihr Fall ist. Wenn die Ankläger das Gefühl haben, es könnte einen Freispruch geben, versuchen sie dies natürlich zu vermeiden. Außerdem dürfen Staatsanwälte Informationen, die zur Entlastung des Angeklagten beitragen könnten, nicht zurückhalten. Sie müssen diese der Verteidigung vor der Hauptverhandlung mitteilen.“
Strauss-Kahn wurde in der Öffentlichkeit regelrecht vorgeführt. Hat die Staatsanwaltschaft eventuell zu voreilig gehandelt?
Weigend: „Nein. Herr Strauss-Kahn war bei der Festnahme bereits im Flieger und wollte ausreisen. Hätte man ihn nicht festgenommen, wäre der Vorfall womöglich nie aufgeklärt worden. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Behörden damals für die Sicherheitsmaßnahme entschieden haben.“
Elektronische Fußfesseln, Kameras in der Wohnung, bewaffnete Sicherheitskräfte vor der Tür: Das sind bislang die Auflagen für Strauss-Kahn. Erwarten Sie, dass diese jetzt zumindest gelockert werden?
Weigend: „Das ist durchaus wahrscheinlich. Wenn jemandem wegen schwerer Vergewaltigung eine hohe Haftstrafe droht, dann ist der Anreiz, aus dem Land zu fliehen, sehr hoch. Wenn sich herausstellt, dass der Vorwurf geringer ist, dann spricht alles dafür, dass der Beschuldigte zunächst das Gerichtsverfahren abwartet. Dann können auch die Auflagen gelockert werden.“