Untreue, Korruption, Steuerbetrug: Spitzenpolitiker vor Gericht
Berlin (dpa) - Untreue, Korruption oder Steuerbetrug - schon mehrere europäische Staats- und Regierungschefs mussten sich vor Gericht verantworten.
Altkanzler Helmut Kohl blieb eine Anklage in der CDU-Spendenaffäre erspart. Denn anders als Ex-Bundespräsident Christian Wulff stimmte er 2001 der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage zu.
SILVIO BERLUSCONI, Italien: Der frühere Regierungschef (mit
Unterbrechungen 1994-2011) wird im Oktober 2012 in einem Prozess um Steuerbetrug und Schwarzgeldkassen zu vier Jahren Haft verurteilt. Drei Jahre davon erlässt ihm ein Mailänder Gericht - unter Berufung auf ein Gesetz von 2006, das wegen der überfüllten italienischen Gefängnisse beschlossen worden war. Berlusconis Anwälte legen Berufung ein. Ein Korruptionsprozess gegen ihn endete im Februar 2012 mit Freispruch. Die Vorwürfe waren verjährt.
JACQUES CHIRAC, Frankreich: Wegen Veruntreuung und Vertrauensbruchs
wird er im Dezember 2011 zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren
verurteilt. Als Bürgermeister von Paris (1977-1995) soll Chirac
Parteifreunden Gefälligkeitsjobs zugeschustert haben. Schon in seiner
Zeit als Staatspräsident (1995-2007) wurden Vorwürfe laut. Da war er
aber noch vor Strafverfolgung geschützt. Die Anklage war erst nach
seinem Ausscheiden aus dem Amt möglich geworden.
JULIA TIMOSCHENKO, Ukraine: Die Symbolfigur der pro-westlichen Orangenen Revolution wird im Oktober 2011 nach ihrer Zeit als Ministerpräsidentin wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Unter anderem werden der Rivalin des heutigen Präsidenten Viktor Janukowitsch in einem international kritisierten Prozess die mit Moskau ausgehandelten Verträge für russische Gaslieferungen angelastet. In einem zweiten Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung drohen ihr weitere zwölf Jahre Haft.
IVO SANADER, Kroatien: Das Landgericht in Zagreb verurteilt den früheren Regierungschef (2003-2009) im November 2012 wegen Korruption zu zehn Jahren Haft. Laut Gericht hat er eine knappe halbe Million Euro illegale Provision von der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria erhalten. Außerdem sei er von der ungarischen Ölgesellschaft MOL mit 10 Millionen Euro geschmiert worden, damit das Unternehmen günstig beim kroatischen Ölkonzern INA einsteigen konnte.
ADRIAN NASTASE, Rumänien: Der Ex-Ministerpräsident wird im Juni
2012 wegen illegaler Parteienfinanzierung zu zwei Jahren Gefängnis
verurteilt. Laut Anklage hat Nastase 2004 eine Sammelaktion für
Wahlkampfgelder als Konferenz getarnt, für die Geschäftsleute hohe Teilnahmegebühren zu bezahlen hatten. Im März 2013 entscheidet ein Gericht, Nastase nach achtmonatiger Haft auf Bewährung zu entlassen.