US-Notenbank beendet Geldpolitik der Finanzkrise

Washington (dpa) - Die US-Notenbank hat mit der ersten Leitzinserhöhung seit fast zehn Jahren einen Schlussstrich unter die Geldpolitik der Finanzkrise gezogen. Nach sieben Jahren extrem billigen Geldes gehen die Leitzinsen erstmals wieder nach oben.

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Die kurzfristigen Zinsen, die Banken zahlen müssen, wenn sie sich über Nacht Geld leihen, steigen um zunächst 0,25 Prozentpunkte auf ein Zielniveau zwischen 0,25 und 0,5 Prozent. Dies teilte der Offenmarkt-Ausschuss der Federal Reserve (Fed) nach seiner Dezember-Sitzung in Washington mit.

„Die bedeutet das Ende einer außergewöhnlichen Periode“, sagte Notenbankchefin Janet Yellen nach der Entscheidung. Zuletzt hatte es 2006 eine Erhöhung der Leitzinsen in den USA gegeben. Danach senkte die Notenbank den Zins schrittweise bis auf nahe Null, um den Folgen der Finanzkrise zu begegnen. Sie beließ ihn lange dort. Nach einer Erholung der US-Wirtschaft und der Vorlage stabiler Daten vom Arbeitsmarkt sah die Fed den Moment für eine Wende hin zu einer Normalisierung ihrer Geldpolitik nun gekommen.

Die Entscheidung war weltweit weitgehend in dieser Form vorhergesehen worden. Die Fed versprach, künftig vorsichtig voranzugehen und die Zinsen nur schrittweise ansteigen zu lassen. Die Geldpolitik werde „graduell“ vorgenommen“, heißt es einem Statement. „Wir hatten sehr niedrige Zinsen und wir haben eine sehr kleine Bewegung vorgenommen“, sagte Yellen.

Die meisten Mitglieder des Offenmarkt-Ausschusses sehen eine moderate Steigerung bis 2017 auf ein Niveau von rund 2,5 bis 2,75 Prozent voraus. Viele Analysten sehen den nächsten Zinsschritt erst in mehreren Monaten kommen. „Wir erwarten den nächsten Schritt nicht vor Mitte 2016“, sagte Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank. „Der kleine Zeh ist vom Gaspedal“, sagte Frank Hübner, stellvertretender Chefvolkswirt von Sal. Oppenheim.

Die Zinspolitik der USA hat weitreichende Bedeutung. Sie beeinflusst unter anderem den Kurs des Dollars. In der US-Währung werden viele internationale Geschäfte abgewickelt. Zahlreiche Rohstoffpreise werden in Dollar errechnet, Finanzanlagen in Dollar gehalten. Ein zu heftiges Drehen an der Zinsschraube könnte Schockwellen etwa in die oft hoch in Dollar verschuldeten Schwellenländer senden.

Die Märkte reagierten unmittelbar nach der Entscheidung in Washington wenig aufgeregt. Der Kurs des Euro zum Dollar pendelte leicht, blieb aber weitgehend stabil. Der Dow-Jones-Index, der die wichtigsten US-Aktien abbildet, stieg leicht.

Der Offenmarkt-Ausschuss sei zu der Erkenntnis gekommen, dass sich die Situation auf dem US-Arbeitsmarkt dieses Jahr noch einmal erheblich verbessert habe, sagte Yellen. „Es sind in diesem Jahr 2,3 Millionen neue Jobs hinzugekommen“, betonte sie. Yellen rechnet weiterhin mit einem moderaten Wirtschaftswachstum. „Ich bin zuversichtlich, was die grundsätzlichen Treiber der US-Wirtschaft angeht.“

Die US-Arbeitslosenquote ist von über zehn Prozent inmitten der Finanzkrise auf zuletzt fünf Prozent gesunken, im November kamen über 200 000 neue Stellen hinzu. Der Ausschuss sei auch überzeugt, dass sich die Inflation - derzeit durch niedrige Energie- und Lebensmittelpreise gedrückt - wieder der Zielmarke von zwei Prozent annähere, heißt es in dem Statement. Die Entscheidung der zehn Ausschussmitglieder war einstimmig gefallen.

Für die Geldpolitik in Europa werden von der US-Entscheidung keine unmittelbaren Konsequenzen erwartet. „Die erste Straffung der US-Leitzinsen seit dem Jahr 2006 markiert sicher einen historischen Wendepunkt, das allgemeine Zinsniveau wird sich dadurch aber kaum ändern“, sagte der Chefvolkswirt des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Klaus Wiener, nach der Bekanntgabe des Fed-Beschlusses. „Die Kapitalmarktzinsen im Euroraum werden wohl noch für sehr lange Zeit auf ihrem extrem niedrigen Niveau verharren.“