Wahlkampfpannen in der SPD

Berlin (dpa) - Gleich mehrfach haben die SPD und Peer Steinbrück mit Pannen im Wahlkampf für Schlagzeilen gesorgt - der Ursprung einiger Probleme liegt auch am überstürzten Start der Kandidatur.

PLÖTZLICHE KÜR: Am Abend des 27. September lässt Fraktionschef Frank-Walter-Steinmeier in einer kleinen Runde mit Journalisten durchblicken, dass er als Kandidat nicht zur Verfügung steht. Da auch Parteichef Sigmar Gabriel nicht antreten will, ist nun klar, dass es Steinbrück wird. Gabriel sagt am nächsten Morgen, als dies durchsickert, Termine in München ab und fliegt nach Berlin. Am Nachmittag wird die Entscheidung offiziell verkündet. Ohne Team, viel früher als geplant und ohne Kommunikationsstrategie zu den hohen Nebenverdiensten schlittert Steinbrück in die Kandidatur.

KANZLERGEHALT: Nachdem bekannt ist, dass Steinbrück als Abgeordneter mit Vorträgen weit über eine Million Euro nebenher verdient hat, ist klar, dass er als Sozialdemokrat öffentlich besser nicht mehr über Geld reden sollte. Zwar werden seine Sätze in der nachrichtenarmen Weihnachtszeit zum Kanzlergehalt oft aus dem Kontext gerissen - er hatte nicht mehr Geld gefordert. Aber sein Sprecher Michael Donnermeyer gerät in die Kritik, weil er die fehlinterpretierbaren Passagen in dem Interview autorisiert hatte.

PEER-BLOG: Im Februar gerät in der SPD Steinbrücks persönlicher Berater Hans-Roland Fäßler (63) in die Kritik. Ihm wird parteiintern eine Mitverantwortung für das völlig missratene Experiment eines Unterstützer-Blogs für Steinbrück angelastet. Die Finanzierung bleibt unklar. Der Bundestag kündigt eine Prüfung an. Aus der SPD gibt es widersprüchliche Angaben, ob Geldsummen und Namen der Unterstützer bekannt seien. Offiziell wegen Hackerangriffen wird der Blog nach nur wenigen Tagen wieder eingestellt.

KOMPETENZGERANGEL: Anfang März ordnet die SPD-Spitze nach einigen Pannen die Zuständigkeiten für den Wahlkampf neu. Laut einem neuen Verteilungsplan übernimmt nun Generalsekretärin Andrea Nahles die Hauptverantwortung für die gesamte Wahlkampagne. Enge Vertraute Steinbrücks verlieren bisherige Zuständigkeiten. Steinbrücks Kampagnenleiter Heiko Geue wird von einigen im Willy-Brandt-Haus kritisch beäugt. Er verliert auf Veranlassung von Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) seinen bisherigen Job als dortiger Finanzstaatssekretär - Geue wollte ein Rückkehrrecht.

SPORTUNTERRICHT: Die Wahlkampfzentrale schafft es nicht, eine neue Steinbrück-Debatte einzufangen. Ein Bericht von einer Klartext-Veranstaltung in Berlin hatte den Eindruck erweckt, er fordere aus religiösen Gründen generell einen zwischen Jungen und Mädchen getrennten Sportunterricht. Dabei hatte er dies nur für Einzelfälle als Variante bezeichnet, weil in der Realität an einigen Schulen muslimische Mädchen ständig krankgemeldet würden. Zunächst hatte die SPD keinen Mitschnitt parat. Erst mit zwei Tagen Verspätung schickte man eine Mitschrift herum, die die Aussagen weit weniger dramatisch erschienen ließen - als es öffentlich erweckt wurde.

WAHLKAMPFSLOGAN: „Das Wir entscheidet“ - Mit dieser Botschaft will die Partei ihren Wahlkampf für mehr soziale Gerechtigkeit im Land führen. Doch ausgerechnet eine Leiharbeitsfirma nutzt den Slogan seit 2007 - dabei hat sich die SPD den Kampf gegen Missbrauch in diesem Bereich auf ihre Fahnen geschrieben. „Hätte, hätte - Fahrradkette“, sagt Steinbrück zu Vorhaltungen, man hätte besser recherchieren müssen. Die Werbeagentur „Super JK“, die den Spruch vorgeschlagen hatte, sagt: „Der Slogan war vor der SPD-Präsentation auf den ersten 15 Seiten von Google nicht zu finden.“