Eine Kehrtwende? Was die Siege der US-Demokraten für Trump bedeuten
Washington (dpa) - Zum ersten Mal seit dem 8. November 2016 haben die US-Demokraten am Mittwoch wieder so richtig Grund zur Freude. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Niederlage ihrer Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton fahren sie wichtige Siege ein.
Bei den Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey gewinnen die demokratischen Kandidaten Ralph Northam und Phil Murphy. Für Donald Trump und seine Republikaner ist das eine herbe Niederlage.
Es sei der beste Tag für die Demokraten seit der Wiederwahl von Barack Obama im Jahr 2012, meint die „Washington Post“. Die „New York Times“ beschreibt die Ergebnisse als Rüge der Wähler für Trump und seine Konservativen.
Ein Jahr vor den wichtigen Kongresswahlen ist es für die Republikaner eine Warnung, für die Demokraten ein kleiner Hoffnungsschimmer. Aber die Gemengelage ist zu kompliziert und es ist noch zu früh, um aus den Ergebnissen eine Kehrtwende ablesen zu können.
Zwar sind die Demokraten darum bemüht, die beiden Wahlen als Referenden über Trumps Regierung zu verkaufen und zum Stimmungstest zu erklären. Zwar können sie nach den Siegen tatsächlich ein bisschen optimistischer sein, im nächsten Jahr 24 Sitze im Repräsentantenhaus zu holen und so die Mehrheit in der ersten Kammer des Kongresses zurückzugewinnen.
Allerdings darf man die besondere Situation in Virginia und New Jersey nicht aus den Augen verlieren. Trump hatte im vergangen Jahr keinen der Staaten gewonnen. Beide haben eine gewisse demokratische Tradition.
So setzt das Ergebnis in Virginia einen Trend aus der Vergangenheit fort. Seit 2009 ist dort kein Republikaner mehr in ein ranghohes Amt auf Bundesstaatsebene gewählt worden. In New Jersey war Amtsinhaber Chris Christie zuletzt ziemlich unbeliebt. Die republikanische Kandidatin Kim Guadagno, die seine Nachfolgerin werden wollte, hatte auch deswegen kaum eine Chance.
Dennoch lässt sich vor allem das Ergebnis in Virginia auch als Abfuhr an die Adresse Trumps lesen. Northam habe gegen eine rassistisch aufgeladene Kampagne seines republikanischen Gegenkandidaten Ed Gillespie gewonnen und so Virginias Wandel hin zu einem „verlässlich demokratisch wählenden“ Bundesstaat zementiert, der auf „Trump-artige Reize“ weitgehend immun reagiere, meint die „New York Times“.
Gillespie hatte zuletzt stark in die populistische Trickkiste gegriffen. Dabei ist der 56-Jährige eigentlich ein typischer Vertreter des Establishments.
Aber während des Wahlkampfes war er zunehmend bemüht, auf die extreme Linie des Präsidenten umzuschwenken. Er machte Stimmung gegen Einwanderung, brachte seinen Konkurrenten mit einer kriminellen Gang mit lateinamerikanischen Wurzeln in Verbindung, rückte ihn in die Nähe eines verurteilten Pädophilen.
Zugleich hielt er aber auch Abstand zu Trump. Gemeinsame Auftritte im Wahlkampf gab es nicht. In Reden vermied es Gillespie, den Namen des Präsidenten zu erwähnen.
Trump war dann auch sogleich bemüht, sich von der Niederlage des 56-Jährigen zu distanzieren. Gillespie habe schlicht nicht das repräsentiert, wofür er als Präsident stehe. Das rechtspopulistische Nachrichtenportal „Breitbart“, die publizistische Waffe von Trumps Ex-Chefstrategen Stephen Bannon, verhöhnte Gillespie in einer Reihe von Artikeln und bezeichnete ihn als republikanische „Sumpf-Kreatur“ - eine Anspielung auf seine Vergangenheit als Establishment-Republikaner.
Der konservative Abgeordnete Scott Taylor aus Virginia meinte dagegen, die Niederlagen seien ein Referendum über Trumps Regierung.
Vor den Kongresswahlen im kommenden Jahr deuten sich bei den Republikanern schwierige Monate voller Richtungskämpfe an. Trump ist derzeit auf eine gewisse Weise stark wie nie in seiner Partei. Mehrere moderate Abgeordnete der Konservativen haben ihren Rückzug aus der Politik verkündet. Trump und das Lager um Bannon können darauf hoffen, die Partei ganz nach ihren Wünschen umzuformen.
Gleichzeitig müssen sich die Kandidaten der Republikaner fragen, wie sehr sie auf den Kurs des Präsidenten einschwenken können, ohne sich selbst dabei zu großen Risiken auszusetzen.
Den Demokraten geben die Ergebnisse dringend benötigten Rückenwind. Die Partei hat das Hillary-Trauma längst nicht verarbeitet. Statt nach vorne zu schauen, schauen viele Parteivertreter noch immer zurück.
So sorgte die einstige Interimsparteichefin Donna Brazile in den vergangenen Tagen mit einer Buchveröffentlichung für mächtig Wirbel. Darin beschreibt sie, wie das Clinton-Lager bereits im Jahr 2015 finanzielle Vereinbarungen mit der wirtschaftlich ausgelaugten Partei geschlossen und massive Mitspracherechte bei Parteientscheidungen reklamiert hatte. Von einem manipulierten Vorwahlprozess war sogleich die Rede.
Die Demokraten haben sich seit Trumps Amtsantritt im Januar bislang kaum mit eigenen Vorstößen hervorgetan. Als sie im Juli ihren Wirtschaftsplan vorstellten, taten sie das so leidenschaftslos und so fern von der großen Bühne, dass die großen Nachrichtensender die Reden nicht einmal live zeigten. Im Kongress beschränkt sich die Strategie der Opposition zu einem großen Teil darauf, den Republikanern Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Das mag wirkungsmächtig erscheinen. Das schlechte, von Stillstand gezeichnete Ansehen des Kongresses verbessert es nicht.
Einen Hoffnungsträger hat die Partei derzeit auch nicht. Einer ganzen Reihe von Senatoren werden Ambitionen auf eine Kandidatur für die Präsidentenwahl 2020 nachgesagt. Allerdings hat sich bislang niemand zur Führungsfigur aufgeschwungen. Die kommenden Monate werden deswegen nicht nur bei den Republikanern spannend.