Schwerer Fehler der Luftwaffe Vorbestrafter Texas-Attentäter hätte nie Waffen haben dürfen
Sutherland Springs (dpa) - Bei der Aufklärung des Massakers mit 26 Toten in einer texanischen Kirche ist die US-Luftwaffe unter Druck geraten. Dabei geht es um die Frage, wie der Täter Waffen kaufen konnte, obwohl er eine Vorstrafe wegen häuslicher Gewalt hatte.
Die Luftwaffe räumte ein, dass das Vorstrafenregister des Mannes nicht an eine Datenbank des FBI weitergegeben worden sei.
Darauf deuteten erste Daten hin, erklärte eine Sprecherin der Luftwaffe. Das Militär leitete eine Untersuchung ein. Nach der Tat war in den USA die Debatte über schärfere Waffengesetze neu entflammt. Präsident Donald Trump erteilte dem Ansinnen aber eine klare Absage.
Der 26-jährige Devin Patrick Kelley hatte am Sonntag in einer Baptistenkirche in dem kleinen Ort Sutherland Springs (Texas) 26 Menschen getötet. Bei der Tat trug er eine Totenkopfmaske und war ganz in schwarz gekleidet. Er hatte insgesamt 15 geladene Magazine bei sich. Die Opfer waren zwischen 18 Monaten und 77 Jahre alt. 20 weitere Menschen wurden verletzt. Der Schütze wurde später tot in seinem Wagen gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass er sich selbst erschoss.
Kelley diente für mehrere Jahre in der Luftwaffe. 2012 wurde er von einem Militärgericht wegen Angriffen auf seine damalige Frau und seinen Stiefsohn verurteilt. In dem Verfahren hatte er laut US-Medienberichten eingeräumt, seine Frau geschlagen, getreten und gewürgt zu haben. Er gab den Berichten zufolge auch zu, dem kleinen Jungen mehrfach gegen den Kopf geschlagen zu haben. Laut damaliger Staatsanwaltschaft der Luftwaffe erlitt das Kind dabei Hirnblutungen.
Kelley verbrachte ein Jahr in Haft und wurde 2014 aus der Luftwaffe entlassen. Wegen der Verurteilung hätte es ihm eigentlich nicht erlaubt sein dürfen, Waffen zu kaufen. Er erwarb aber ein halbautomatisches Gewehr und zwei Pistolen. Mit dem Gewehr verübte er die Tat. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden gab er mit der halbautomatischen Waffe insgesamt 450 Schüsse ab.
Erste Erkenntnisse der Ermittler deuten darauf hin, dass das Motiv des Mannes in seinem persönlichen Umfeld liegen könnte. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden war er wütend auf die Familie seiner Frau. Kelley hatte 2014 erneut geheiratet, lebte aber von der Frau getrennt. Wie Ermittler sagten, schickte er seiner Schwiegermutter Textnachrichten mit Drohungen. Die Frau hatte die Kirche in der Vergangenheit besucht. Am Sonntag war sie aber nicht im Gottesdienst.
Das FBI stellte das Handy des Täters sicher. Man sei aber derzeit nicht in der Lage, auf das Gerät zuzugreifen, sagte Christopher Combs von der Bundespolizei. Das Handy sei an ein Labor des FBI in Virginia geschickt worden. Combs zeigte sich zuversichtlich, dass es der Behörde gelingen werde, sich Zugriff auf die Daten zu verschaffen. Er wollte nicht sagen, um was für ein Gerät es sich handelt.
Unterdessen berichtete der lokale Sender KPRC, Kelley sei im Juni 2012 aus einer psychiatrischen Einrichtung im Bundesstaat New Mexico geflohen. Zwei Polizisten hätten ihn an einer Bushaltestelle in der texanischen Stadt El Paso aufgegriffen. Eine Zeugin habe die beiden darüber informiert, dass der junge Mann eine Gefahr für sich selbst und andere darstelle, berichtete der Sender und berief sich dabei auf Dokumente von Sicherheitsbehörden. Es blieb unklar, wie lange Kelley in der psychiatrischen Einrichtung war. Er war in New Mexico bei der Luftwaffe stationiert.
Die Tat in der kleinen Gemeinde löste nur einen Monat nach dem Massaker in Las Vegas mit 58 Toten erneut eine Debatte über das Waffenrecht in den USA aus. Mehrere Demokraten forderten eine Verschärfung der Gesetze. Allerdings verebbte die Diskussion rasch wieder. Dass sich am Waffenrecht auf Bundesebene etwas ändert, ist angesichts der republikanischen Mehrheit im Kongress auch sehr unwahrscheinlich. Die Republikaner sind strikt dagegen.
Auch Präsident Trump machte am Dienstag erneut deutlich, dass er keine Veranlassung für Änderungen sieht. Trump sagte in Seoul, wäre der Schütze am Sonntag nicht von einem anderen Bewaffneten aufgehalten worden, wäre es noch viel schlimmer gekommen. Trump ist damit exakt auf der Argumentationslinie der mächtigen US-Waffenlobby.
Trump wurde während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Südkoreas Präsident Moon Jae In von einer US-Journalistin gefragt, ob sein Anspruch extremer Sicherheitsüberprüfungen für potenzielle Einwanderer nicht auch für Waffenkäufer in den USA gelten müsse. Trump reagierte genervt, sagte aber, er wolle die Frage beantworten, obwohl man gerade im Herzen Südkoreas sei. Schon am Vortag hatte er erklärt, dass es zu früh sei, um über eine Änderung zu sprechen. Seine Beraterin Kellyanne Conway warf den Demokraten zudem vor, die Opfer der Tat für politische Zwecke zu instrumentalisieren.
Trumps Haltung ist bemerkenswert, weil sie im völligen Gegensatz zu seiner Reaktion auf die Terrorattacke in New York in der vergangenen Woche steht. Danach forderte der Präsident Änderungen am Einwanderungssystem und eine Verschärfung der Sicherheitsüberprüfungen für Ausländer.
Das Massaker vom Sonntag löste auch weltweit großes Entsetzen aus. Zahlreiche Politiker, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, drückten ihr Mitgefühl aus. Am Dienstag beklagte Papst Franziskus die „sinnlose Gewalt“. Der Pontifex sei zutiefst betrübt und übermittle den betroffenen Familien sein Mitgefühl, hieß es in einem Telegramm, das der Vatikan an den Erzbischof von San Antonio übermittelte.