„Wir sind von Gästen zu Flüchtlingen geworden“
Manzanillo (dpa) - „Patricia“ zerrt wütend an den Palmen und zerzaust die Baumkronen. Der Regen peitscht durch die menschenleeren Straßen der mexikanischen Hafenstadt Manzanillo im Bundesstaat Colima.
Im Hafen schlagen Meter hohe Wellen ein und überspülen die Kaimauern.
In dem Badeort Puerta Vallarta bringen sich Tausende Touristen in Sicherheit. „Wir sind von Gästen zu Flüchtlingen geworden“, sagt Jesús Anguiano Salazar der Zeitung „Milenio“. Per Bus fährt er in die Provinzhauptstadt Guadalajara im Landesinneren. „Wir haben auf der Fahrt über den Hurrikan gesprochen und die Nachrichten verfolgt. Einige der Passagiere haben ihre Häuser verlassen, um bei Angehörigen in Guadalajara Schutz zu suchen.“
Schwere Schäden richtet der Supersturm zunächst aber nicht an. Etwa 300 Bäume seien in Manzanillo umgestürzt, sagt Gouverneur Mario Anguiano Moreno am Freitagabend. Es gebe Erdrutsche, Überschwemmungen und blockierte Straßen, sagt Verkehrsminister Gerardo Ruiz Esparza.
Die Menschen an der Pazifikküste hatten eine Katastrophe erwartet. Der Wirbelsturm der Kategorie 5 ist der bisher schwerste Hurrikan, der weltweit jemals registriert wurde. Mit Böen von bis zu 300 Kilometer pro Stunde fegt „Patricia“ über das Land.
„Das Schlimmste ist vorbei“, sagt der Gouverneur von Jalisco, Aristóteles Sandoval, nachdem der Sturm in seinem Bundesstaat auf Land getroffen ist. 6000 Menschen hatten sich dort in Notunterkünften in Sicherheit gebracht. Die Behörden warnen allerdings davor, leichtsinnig zu werden. „Das Risiko ist weiterhin hoch“, sagt Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong.
Eine lange Vorwarnzeit, gute Vorbereitung und zahlreiche Evakuierung haben Opfer und schwere Schäden zunächst verhindert. Geschäftsinhaber und Privatleute verrammelten Fenster und Türen mit Holzplatten. Auch die Hotels stellten sich auf den Superturm ein. „Wir haben genug Lebensmittel für die wenigen Gäste, die nicht gehen wollen. Die anderen verlassen die Stadt oder gehen in Notunterkünfte“, sagt Rezeptionistin Mily Machuca vom Hotel Velas Vallarta.
Tatsächlich könnte Mexiko Schlimmeres allerdings noch bevorstehen. Experten fürchten, dass der heftige Regen im Landesinnere Schlammlawinen auslöst. Wenn die Flüsse über die Ufer treten, könnten die Wassermassen alles mitreißen, was sich ihnen in den Weg stellt.
„Die Wolken haben enormes Potenzial. Wenn sie auf das Gebirge treffen, werden sie aufreißen. In den hoch gelegenen Gebieten wird es Erdrutsche geben. Wenn der Sturm in die Berge kommt, ist es, als würde man einen mit Wasser gefüllten Luftballon zum Platzen bringen“, warnt der mexikanische Meteorologe Ángel Terán Cuevas.