Air Berlin-Chef Mehdorn räumt seinen Posten

Berlin (dpa) - Air Berlin-Chef Hartmut Mehdorn ist überraschend zurückgetreten. Der bisherige Strategie-Vorstand Wolfgang Prock-Schauer soll nun die Sanierung der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft fortsetzen.

Diese Aufgabe wurde am Montag zusätzlich erschwert - die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens, in den Air Berlin große Hoffnungen setzt, musste erneut verschoben werden. Der 70-Jährige Mehdorn, der als Übergangschef galt, bleibt Air Berlin als einfaches Verwaltungsratsmitglied erhalten, wie das Unternehmen mitteilte.

Der 56-jährige Österreicher Prock-Schauer, der erst im Herbst von der früheren Lufthansa-Tochter British Midland (BMI) zu Air Berlin gekommen war, muss bei Air Berlin das nächste Sanierungsprogramm umsetzen. So soll das Fluggeschäft wieder in die Gewinnzone kommen. Bei der chronisch defizitären BMI war dies dem Manager zuletzt nicht gelungen.

An der Börse wurde die Nachricht von neuerlichen Verzögerungen bei der Eröffnung des Berliner Hauptstadtflughafens überlagert. Diesen will Air Berlin als neues großes Drehkreuz nutzen. Die Aktien der Fluggesellschaft verloren bis zum Handelsschluss 3,72 Prozent an Wert und schlossen beim Tagestiefststand von 1,50 Euro.

Prock-Schauer erwarten auf seinem neuen Posten unbequeme Aufgaben. Nach dem weitgehend umgesetzten Sanierungsprogramm „Shape & Size“ stehen mit „Turbine 2013“ die nächsten Einschnitte auf der Agenda. Medienberichten zufolge stehen dabei mehrere hundert Arbeitsplätze auf der Kippe. Die Flotte soll nach den bereits vorgenommenen Kürzungen um weitere 20 auf 138 Maschinen schrumpfen. Das Unternehmen selbst hielt sich zu den Berichten und Details bislang bedeckt. „Air Berlin steht vor großen Herausforderungen“, sagte Prock-Schauer. „Wir müssen unseren Veränderungsprozess schnell vorantreiben.“

Die Fluggesellschaft leidet wie viele Konkurrenten unter dem harten Konkurrenzkampf in der europäischen Luftfahrt. Nach vier Jahren mit Nettoverlusten in Folge kam Air Berlin zwar 2012 voraussichtlich wieder in die Gewinnzone. Dies verdankte das Unternehmen nach bisherigen Angaben allerdings dem Verkauf von Flugzeugen und der Mehrheit am konzerneigenen Vielfliegerprogramm.

Zu schaffen macht der Gesellschaft neben hohen Treibstoffpreisen und der deutschen Ticketsteuer die immer wieder verschobene Eröffnung des neuen Berliner Hauptstadtflughafens. Auch der Termin im Herbst 2013 ist nicht zu halten, wie am Wochenende bekanntwurde. Mehdorn hatte bereits zuvor Schadenersatzklagen angekündigt.

Prock-Schauer kennt sich mit Krisenfällen aus. Der Österreicher startete seine Karriere 1981 bei der heutigen Lufthansa-Tochter Austrian Airlines und integrierte dort die Töchter Lauda Air und Tyrolean. Ab 2002 leitete er das Luftfahrtbündnis Star Alliance, 2003 wurde er Chef der indischen Fluggesellschaft Jet Airways und brachte sie zwei Jahre später an die Börse.

Bei der Lufthansa versuchte Prock-Schauer von 2009 an hingegen vergeblich, deren damalige Tochter BMI in die schwarzen Zahlen zu hieven. Europas größte Fluggesellschaft verlor die Geduld mit ihrem britischen Sorgenkind. Anfang 2012 verkaufte sie BMI an die British-Airways-Mutter International Airlines Group (IAG). Im Oktober wechselte Prock-Schauer zu Air Berlin.

Der frühere Bahn-Chef Mehdorn galt bei Air Berlin offiziell immer nur als Übergangschef. Er hatte die Führung der Gesellschaft im September 2011 von Joachim Hunold übernommen, als Air Berlin nach jahrelangen Verlusten in finanzielle Schieflage geraten war. Unter seiner Führung strich die Gesellschaft bereits unrentable Verbindungen aus dem Streckennetz. Gleichzeitig wurden die verbleibenden Maschinen besser ausgelastet.

Aus dem Verwaltungsrat gab es am Montag Lob für Mehdorn. „Er hat das Unternehmen in der Krise der europäischen Luftfahrt auf einen neuen Weg gebracht, marktgerechter positioniert und entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt“, sagte Verwaltungsratschef Hans-Joachim Körber. Mit Prock-Schauer übernehme nun ein anerkannter Branchenexperte die Spitzenposition.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, sagte, Mehdorn habe Air Berlin in einer schwierigen Zeit übernommen und auf den Kurs zu einer zukunftsfähigen, marktgerechten Entwicklung gebracht. Damit habe er „Entscheidendes“ geleistet.