Aktienmärkte beenden Rekordjagd
Frankfurt/Main (dpa) — Unsicherheiten über die US-Geldpolitik und enttäuschende Konjunkturdaten aus China haben am Donnerstag den Aktienmärkten weltweit einen Dämpfer verpasst.
Der deutsche Leitindex Dax schloss 2,10 Prozent tiefer bei 8351,98 Punkten, was den prozentual größten Tagesverlust seit dem 17. April bedeutet. Damit endete auch eine zwölftägige Gewinnserie, die dem Index am Vortag bei 8557,86 Punkten einen weiteren Rekordstand beschert hatte. Noch am Vormittag hatte der Dax allerdings um bis zu knapp drei Prozent nachgegeben. Der MDax ging am Donnerstag 1,92 Prozent tiefer bei 13 984,52 Punkten aus dem Handel und der TecDax fiel um 1,52 Prozent auf 960,99 Punkte.
Für den EuroStoxx 50, der die wichtigsten Aktien der Eurozone beinhaltet, ging es um 2,05 Prozent auf 2776,78 Punkte bergab. Ähnlich hohe Verluste verzeichneten auch die nationalen Indizes in Paris und London. Zuvor hatten bereits die wichtigsten asiatischen Börsen deutliche Kursabschläge erlitten: Der Nikkei-225-Index in Tokio war um über sieben Prozent abgesackt und hatte damit die Gewinne der vergangenen acht Handelstage komplett abgegeben. Der Hongkonger Hang-Seng-Index verlor gut zweieinhalb Prozent. In New York präsentierte sich der US-Leitindex Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss moderat in der Verlustzone.
US-Notenbankchef Ben Bernanke hatte am Mittwoch mit seinen Aussagen erst die Börsen angefeuert, dann aber für Verunsicherung gesorgt. „Er hat zwar sein Bekenntnis zum Gelddrucken erneuert, doch die Hintertürchen für die Notenbanker gehen langsam auf“, fasste Sarah Brylewski von Gekko Markets die Aussagen des Fed-Chefs zusammen, die am Markt für ein Wechselbad der Gefühle gesorgt hatten. Bernanke hatte den Dax wie auch den Dow Jones Industrial am Mittwoch zunächst noch auf Rekordstände getrieben. Im späten US-Handel war dann jedoch vor allem der Aspekt eines möglicherweise gedrosselten Tempos bei den monatlichen Anleihekäufen der Notenbank in den Mittelpunkt gerückt.
Als weiteres Störfeuer machte Brylewski die schwächelnde Industrie Chinas aus. Der von der Großbank HSBC ermittelte Einkaufsmanagerindex war im Mai erstmals seit sieben Monaten unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gesunken. „Die Details des Einkaufsmanagerindex zeigen einen erschreckend schwachen Zustand der chinesischen Wirtschaft“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank aus Liechtenstein. „Da China aber selbst wichtige Impulse für die globale Wirtschaft hätte liefern sollen und diese ausfallen, ist es um die Weltkonjunktur in diesem Jahr nicht besonders gut bestellt.“ Gitzel sieht demnach auch für die globalen Wachstumsprognosen Korrekturbedarf.
Es gab aber auch weniger pessimistische Stimmen: „Weder Chinas Daten noch Bernankes Worte haben die Welt verändert“, sagte Torsten Gellert vom Brokerhaus FXCM, der „einfach nur Gewinnmitnahmen“ an den bisher am stärksten gelaufenen Märkten konstatierte.
Europaweit besonders schwach präsentierten sich der Rohstoff- und Autosektor, gefolgt von ebenfalls überdurchschnittlichen Verlusten bei Bankentiteln. Vergleichsweise stabil hielten sich indes Papiere von Unternehmen mit Defensivqualitäten wie Versorger und Nahrungsmittelhersteller.
Meldungen zu einzelnen Unternehmen gingen fast komplett unter. Die Aktien des Pharmakonzerns Merck KGaA waren dank eines positiven Analystenkommentars mit plus 0,32 Prozent einziger Gewinner im Dax. Dagegen rutschten die im TecDax gelisteten Aktien von Aixtron nach einer Mitteilung zur neuen Strategie um überdurchschnittliche 2,56 Prozent ab. Der Spezialanlagenbauer will mindestens jeder fünfte Stelle in Deutschland streichen. Zusammen mit den Details zum Stellenabbau veröffentlichte das Unternehmen vor der Hauptversammlung auch ein „5-Punkte-Programm“, mit dem es wieder nachhaltig in die schwarzen Zahlen zurückkehren will. Größere Überraschungen gab es Experten zufolge aber nicht.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 1,12 Prozent am Vortag auf 1,11 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,04 Prozent auf 134,98 Punkte. Der Bund Future legte um 0,09 Prozent auf 144,43 Punkte zu. Der Kurs des Euro stieg auf 1,2938 US-Dollar. Zuvor hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs noch auf 1,2888 (Mittwoch: 1,2923) Dollar festgesetzt und der Dollar damit 0,7759 (0,7738) Euro gekostet.