Alcatel-Lucent streicht mehr als jede zehnte Stelle
Paris/Stuttgart (dpa) - Der schwer angeschlagene Telekomausrüster Alcatel-Lucent will weltweit rund 10 000 Stellen streichen. Wie das mit Milliardenverlusten kämpfende Unternehmen mitteilte, sollen allein in Europa, Nahost und Afrika 4100 Arbeitsplätze wegfallen.
Im asiatisch-pazifischen Raum sind 3800 und auf dem amerikanischen Kontinent 2100 Stellen von den Plänen betroffen. Gewerkschaftsvertreter sprach von einem „nicht hinnehmbaren sozialen Tsunami“ und forderte die Politik im Stammsitzland Frankreich zum Eingreifen auf.
In Deutschland sollen dem Stellenabbau 520 Jobs zum Opfer fallen. Die Arbeitsplätze sollen bis Ende 2015 gestrichen werden, sagte eine Sprecherin in Stuttgart. Die größten Standorte des Telekomausrüsters befinden sich hierzulande in Stuttgart mit etwa 1400 Stellen und Nürnberg mit etwa 500 Stellen.
Insgesamt beschäftigte Alcatel-Lucent zuletzt rund 3000 Menschen in der Bundesrepublik. Ob Mitarbeiter entlassen oder sozialverträgliche Lösungen gefunden werden, steht noch nicht fest. In der Vergangenheit sei aber letzteres der Fall gewesen, sagte die Sprecherin. Die Jobs werden in allen Bereichen wegfallen. Noch nicht in der Zahl enthalten sei allerdings der Bereich „Managed Services“, sagte die Sprecherin.
Global sollten die zentralen Ressourcen auf halb so viele Standorte verteilt werden wie bisher, hieß es aus der Konzernzentrale in Paris. Man wolle sich künftig auf Lösungen für IP- und Cloud-Netze sowie Breitbandzugangstechnik für Fest- und Mobilfunknetze konzentrieren.
Der Arbeitsplatzabbau ist Teil eines Plans, mit dem das französisch-amerikanische Unternehmen seine Fixkosten bis Ende 2015 um mehr als 15 Prozent senken will. Dies entspricht in etwa einem Betrag von einer Milliarde Euro. Nach Gewerkschaftsangaben sollen von dem Stellenabbau insgesamt 15 000 Personen betroffen sein - vor allem in den Bereichen Service, Verwaltung und Vertrieb. Demnach ist allerdings auch geplant, rund 5000 neue Jobs zu schaffen. Ende 2012 beschäftigte Alcatel-Lucent Ende 2012 weltweit rund 72 000 Menschen.
Es gehe darum, die industrielle Zukunft des Unternehmens dauerhaft zu sichern, kommentierte der seit April amtierende Chef Michel Combes. Dafür seien „schwierige Entscheidungen“ notwendig. Gewerkschaftsvertretern zufolge will Combes im Stammsitzland Frankreich die Standorte Toulouse und Rennes komplett schließen. Drei Weitere sollten verkauft werden.
Frankreichs Industrieminister Arnaud Montebourg nannte die Pläne in einer ersten Stellungnahme übertrieben. Man habe die Unternehmensführung zu einer Überarbeitung beziehungsweise Reduzierung aufgefordert, sagte er in der Nationalversammlung.
Alcatel-Lucent steht wie andere europäische Netzwerkausrüster - etwa Ericsson und Nokia Solutions and Networks - unter heftigem Wettbewerbsdruck vor allem von chinesischen Herstellern. Firmen wie ZTE und Huawei gewinnen mit Niedrigpreisen Marktanteile. Aus der Europäischen Union mussten sich die Chinesen deswegen bereits Dumpingvorwürfe anhören, in den USA gelten sie teilweise gar als Sicherheitsrisiko.
Alcatel-Lucent war im vergangenen Jahr wegen des scharfen Konkurrenzkampfs, der Krise in Europa und einer Milliardenabschreibung wieder einmal tief in die roten Zahlen gestürzt. Unter dem Strich stand ein Minus von 1,37 Milliarden Euro. Allein im ersten Halbjahr 2013 kamen nun noch einmal 1,24 Milliarden Euro Verlust hinzu.
Einen Gewinn gab es nur 2011. Zwischen 2007 und 2010 häufte das Unternehmen Verluste von 9,5 Milliarden Euro an. Es war 2006 durch den Zusammenschluss des US-Konzern Alcatel mit dem französischen Wettbewerber Lucent entstanden.