Alstom-Übernahme durch Siemens: Poker mit offenem Ausgang

Siemens will die Alstom-Übernahme nicht um jeden Preis. Zunächst werden die Bücher geprüft.

Blick auf die ICE-Fertigung von Siemens in Krefeld. Auf die Arbeitsplätze der dort beschäftigten 2400 Mitarbeiter könnte ein Zusammengehen mit Alstom negativen Einfluss haben.

Foto: Bischof, Andreas (abi)

München/Paris. Im Übernahmepoker um die französischen Rivalen Alstom nimmt Siemens das Tempo etwas heraus: Offerte ja — aber nur, wenn Siemens die Bücher zuvor wochenlang ausgiebig unter die Lupe nehmen kann. So lautete am Dienstag die mit Spannung erwartete Ansage des deutschen Elektrokonzerns an die Franzosen. Damit liegt der Hut zwar im Ring - aber eben nur halb.

Alstom-Chef Patrick Kron

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Siemens-Chef Joe Kaeser hält sich damit einen wichtigen Notausgang offen. Gerade jetzt, wo der Elektrokonzern vor dem nächsten großen Umbau — und angeblich auch einem weiteren Stellenabbau — steht, will sich der Siemens-Lenker an einer überhasteten Übernahme der Franzosen nicht die Finger verbrennen. Zumal ihm die missglückten Akquisitionen seines Vorgängers Peter Löscher, die Kaeser damals noch als Finanzvorstand mit vorbereitete, noch schmerzlich in Erinnerung sind.

Siemens-Vorstand Jo Kaeser

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Dennoch hatte in den vergangenen Tagen alles nach einer raschen Zuspitzung des Übernahmepokers ausgesehen. Dafür sprach zunächst auch die mehrstündige außerordentliche Aufsichtsratssitzung am Dienstag — nur zwei Tage, nachdem sich Siemens erstmals offiziell zu dem Thema zu Wort gemeldet hatte.

Nach der Mitteilung des Dax-Konzerns ist jetzt erst einmal wieder alles offen. Wie reagiert der Alstom-Verwaltungsrat auf das vorsichtige Vorgehen von Siemens? Was ergeben die Buchprüfungen? Und vor allem: Wie verhält sich der US-Rivale General Electric, der ebenfalls Interesse an Alstom bekundet und damit die ganze Geschichte mit ins Rollen gebracht hatte?

Falls Siemens bei den Franzosen zum Zuge käme, wären die Erfolgsaussichten des Geschäfts unsicher. Nach einer Schieflage im Jahr 2004 war der französische Staat Alstom mit Milliardenhilfen beigesprungen. Auch heute steht es nicht zum Besten mit dem französischen Konzern.

Die französische Politik jedenfalls verweist auf den derzeit erfolgreichen Luftfahrtkonzern Airbus, um den Beteiligten aus Frankreich und Deutschland das Geschäft schmackhaft zu machen. Doch es darf nicht übersehen werden, dass es auch dort immer wieder kräftig knirschte im Getriebe. Weil Kaeser weiß, welche Macht vor allem die französischen Gewerkschaften haben, hatte er die Gespräche um Alstom mit einer dreijährigen Beschäftigungsgarantie versüßt. Das weckt natürlich auch Begehrlichkeiten in Deutschland, wie die IG Metall am Dienstag deutlich machte.