Anonyme Bewerbungen - Gleiche Job-Chancen für alle

Fünf Firmen und ein Ministerium testen ab Herbst anonyme Bewerbungen.

Berlin. Ein Vorname wie Ali, ein ausländisch klingender Nachname, der Familienstand "verheiratet, zwei Kinder" oder ein Geburtsdatum, das länger als 50 Jahre zurückliegt: Damit schafft es der Bewerber selten ins Vorstellungsgespräch. Das Problem wird nun auf Bundesebene angegangen - mit anonymisierten Bewerbungsverfahren. Fünf Firmen und ein Ministerium starten im Herbst ein Pilotprojekt.

Die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, L’Oréal, Mydays, Procter & Gamble und das Bundesfamilienministerium werden ein Jahr lang Bewerbungen ohne persönliche Angaben testen. Das Verfahren soll für Chancengleichheit und Vielfalt sorgen. Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) sagte, sie sei davon überzeugt, "dass wir mit den Ergebnissen unseres Pilotversuchs weitere Unternehmen von den Vorteilen von Vielfalt und Diskriminierungsfreiheit überzeugen können".

Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in NRW führt unabhängig vom Pilotprojekt ab September anonyme Bewerbungen ein, wie die Behörde bekanntgab.

Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt sei ein "verbreitetes Phänomen von erheblichem Ausmaß", erklärte der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus Zimmermann. Diskriminierung bedeute den Verzicht auf wirtschaftliche Effizienz und damit einen Wohlfahrtsverlust. Letztlich liege es im Interesse des Unternehmens, offene Stellen mit den fähigsten Bewerbern zu besetzen.

Die Firmen und Institutionen wollen in dem zwölfmonatigen Testlauf zunächst Teilbereiche auf anonyme Bewerbungsverfahren umstellen. L’Oréal beschränkt sich auf die Sparte Apothekenkosmetik, Procter &Gamble testet das Verfahren bei der Suche nach Auszubildenden am Berliner Standort. Nur das Bundesfamilienministerium will alle Bewerbungen anonymisiert bearbeiten.

Im Zuge des Tests sollen auch Konzepte ausgearbeitet werden, wie die anonymisierten Bewerbungen funktionieren sollen. So ist noch offen, ob Bewerbungen online erfolgen sollen, ob ein externer Dienstleister die Daten anonymisiert oder ob Lebensläufe geschwärzt werden sollen. Auch wann sich Bewerber tatsächlich anonym bewerben können, ist unklar.

Kritik übten an den Plänen die Arbeitgeberverbände. Durch anonyme Bewerbungen entstünden zusätzliche Bürokratie und Kosten, erklärte der Chef der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt. Die Unternehmen müssten persönliche Merkmale in Bewerbungen zeitaufwändig entfernen lassen. Kleinen und mittelständischen Betrieben fehlten dafür die Ressourcen, so dass sie auf externe Dienstleister angewiesen wären.