Ansturm auf Milchpulver in China — Engpass in Europa

Nach Lebensmittel-Skandalen greifen die Chinesen lieber auf importierte Ware zurück.

Peking. Milchpulver, Milchpulver und nochmals Milchpulver. Das Regal in dem Supermarkt in Peking ist brechend voll. In sieben Lagen übereinander sind die Produkte aufgereiht. Eine Verkäuferin schiebt die Packungen in Reih und Glied. „Milchpulver? Wenn, dann aus dem Westen!“, sagt sie und zeigt stolz auf das Regal.

Während deutsche Verbraucher mancherorts vor leeren Regalen stehen und einige Geschäfte schon den Baby-Milchpulververkauf pro Kunde begrenzen, sind die Supermärkte in Peking gut gefüllt. Kleine Zettel weisen auf die Länder hin, in denen die Trockenmilch produziert wurde: Deutschland, Australien, Holland, USA. Aber wo sind die chinesischen Pulver? „Die haben wir gerade nicht. Aber die sind sowieso nicht beliebt“, sagt die Verkäuferin und winkt ab.

Das Vertrauen vieler chinesischer Kunden in heimische Hersteller ist tief zerrüttet. 2008 kam heraus, dass Produzenten die verbotene Chemikalie Melamin unter das Milchpulver gemischt hatten. Es ist ein industrielles Bindemittel, mit dem minderwertige Milch künstlich aufgebessert werden kann. Die traurige Bilanz: Sechs Säuglinge starben, fast 300 000 Kleinkinder erkrankten. Weitere Skandale ließen das Vertrauen noch weiter schwinden.

Der deutsche Säuglingsmilch-Marktführer Milupa macht derzeit China für die Engpässe in der Bundesrepublik verantwortlich. Der Konzern vermutet, dass Privatleute und Kleinunternehmer die Regale leerkaufen, um die Produkte nach China zu exportieren. Nun soll die Produktion ausgeweitet werden.

Auch eine andere Entwicklung könnte das Phänomen erklären. Professor Zheng hat einen neuen Trend beobachtet: „Von Reisen bringen Chinesen ihren Freunden Milchpulver mit.“ Gerade bei Pulver für Säuglinge achteten die Eltern auf sehr gute Qualität. Und da sei ein exquisites Pulver aus dem Ausland ein gutes Mitbringsel.