Abbau der Arbeitslosigkeit Arbeitsagentur-Chef: In den nächsten Jahren 200 000 weniger Jobsucher
Noch vor ein paar Jahren wagten selbst kühne Optimisten von solchen Zahlen nicht zu träumen. Mit 2,5 Millionen gibt es inzwischen so wenige Jobsucher wie selten zuvor. Und es geht noch tiefer, ist Detlef Scheele überzeugt.
Nürnberg. Beim Abbau der Arbeitslosigkeit ist nach Einschätzung von Bundesagentur-Chef Detlef Scheele das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.
Sollte sich an den derzeit guten Rahmenbedingungen nichts ändern, könnte die Zahl der Arbeitslosen in den nächsten Jahren um weitere 200 000 auf 2,2 bis 2,3 Millionen sinken, sagte Scheele der Deutschen Presse-Agentur. „Ich würde sagen: Wenn man so etwas prognostizieren kann, dann jetzt. Denn wir haben in der Tat eine historisch günstige Situation auf dem Arbeitsmarkt“.
So erwarte man im Jahresdurchschnitt 2017 rund 760 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte mehr als im Vorjahr. „Die Wirtschaftsforschungsinstitute sagen uns zurzeit für 2018 ein stabiles Wirtschaftswachstum voraus. Und auch die Zahl der Arbeitsplätze wird weiter steigen. Wenn sich jetzt an den Rahmenbedingungen nichts nachhaltig ändert, dann könnte es mittelfristig sein, dass wir 200 000 weniger Arbeitslose haben. Das wäre in der Tat ein grandioser Erfolg“, fügte Scheele hinzu.
Voraussetzung sei allerdings, dass sich an den derzeit guten Rahmenbedingungen nichts ändere. „Wir blicken etwas skeptisch auf den Brexit, auch wenn wir bisher noch nichts davon wahrnehmen.“ Man wisse bisher auch noch nicht, welche Folgen die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Handelsbeschränkungen für Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland haben werden. Ob es gelinge, die Zahl der Arbeitslosen, die im Juli bei 2,518 Millionen gelegen hatte, weiter kräftig zu drücken, hänge auch von einer geglückten Flüchtlingsintegration ab.
Von der Vollbeschäftigung sei Deutschland trotzdem noch ein Stück weit entfernt. Dennoch hält er es grundsätzlich für ein anzustrebendes Ziel. „Bisher war Vollbeschäftigung gar nicht mehr im Fokus. Ich finde es nicht schlecht, dass wieder darüber geredet wird. Und es ist ein gutes Zeichen, dass man nach Jahren hoher Arbeitslosigkeit auch mal wieder von einem Arbeitskräftemangel spricht“, sagte Scheele. Arbeitsmarktforscher sprechen erst bei einer Arbeitslosenquote von zwei bis drei Prozent von Vollbeschäftigung; derzeit liegt die Quote bei 5,6 Prozent. (dpa)
Auf jeden Fall werde die weiter sinkende Arbeitslosenzahl die Arbeit der Bundesagentur verändern, ist der BA-Chef überzeugt. „Der Prozess, den richtigen Arbeitslosen in der richtigen Region zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Qualifikation zu finden, ist mit der günstigen Lage am Arbeitsmarkt, mit den vielen offenen Stellen und der gleichzeitig geringen Zahl der in Frage kommenden Arbeitslosen anspruchsvoller geworden.“ Die Bundesagentur werde sich bei der Beratungsqualität weiterentwickeln; dazu gehöre auch eine verbesserte Ausbildung der Jobvermittler.
Was die Personalstärke der Bundesagentur angeht, so spricht sich Scheele für die kommenden Jahre zunächst nur für moderaten Personalabbau aus - schon mit Rücksicht auf die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Zurzeit hat die Bundesagentur gut 95 000 Mitarbeiter. Mit Blick auf die Notwendigkeit einer individuelleren Jobvermittlung werde sie auch in Zukunft genügend Mitarbeiter brauchen. Während noch vor einigen Jahren vorwiegend über elektronische Vermittlungsverfahren Arbeitgeber und geeignete Bewerber vorgeschlagen wurden, gehe heute kaum noch etwas ohne individuelle Gespräche des Vermittlers mit den Betroffenen.