Arbeitsmarkt immun gegen Finanzmarkt-Turbulenzen

Nürnberg (dpa) - Volle Auftragsbücher, zahlreiche offene Stellen - von der guten Lage vieler Firmen profitiert der Arbeitsmarkt so stark wie lange nicht mehr. Die November-Arbeitslosigkeit sinkt auf ein Rekordtief, trotz Eurokrise und Finanzmarkt-Turbulenzen.

Mit 2,713 Millionen sank die Zahl der Arbeitslosen auf den niedrigsten November-Wert seit 20 Jahren, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch in Nürnberg berichtete. Im Vergleich zum Oktober ging die Zahl der Erwerbslosen dank der weiterhin guten Konjunktur um 24 000 zurück. Das ist ein Minus von 214 000 binnen Jahresfrist. Die Arbeitslosenquote nahm seit Oktober um 0,1 Punkte auf 6,4 Prozent ab, nachdem sie ein Jahr zuvor noch bei 6,9 Prozent gelegen hatte.

Die Bundesagentur sprach am Mittwoch von einer „anhaltend positiven Entwicklung“ auf dem Arbeitsmarkt. „Im November ist keine Eintrübung zu erkennen. Die Finanzmarkt-Turbulenzen schlagen sich noch nicht in der Realwirtschaft nieder“, kommentierte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt die jüngste Entwicklung. Zudem sei die wirtschaftliche Lage in Deutschland stabil: „Wir haben ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent, einen hervorragend funktionierenden Export und höhere Steuereinnahmen.“

Trotzdem sehe die Bundesagentur durchaus die aktuellen Widrigkeiten: „Die Weltwirtschaft schwächt sich ab, und im Finanzsektor gibt es einige Probleme. Das hat aber auf den Arbeitsmarkt noch nicht durchgeschlagen - und wir hoffen, dass es noch einige Zeit so bleibt“, unterstrich Alt. Die 176 regionalen Arbeitsagenturen sähen jedenfalls keine Hinweise für eine deutliche Abschwächung des Jobaufschwungs, ergänzte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker.

Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erwartet am Arbeitsmarkt eine Fortsetzung der guten Entwicklung. „Der Arbeitsmarkt zeigt sich auch im November weiter stabil und aufnahmefähig. Anzeichen für einen Umschwung sind im Inland nicht erkennbar“, sagte von der Leyen in Berlin. Positiv stimme, dass die Auftragsbücher der Unternehmen voll seien. Sorge bereite ihr der andauernde Mangel an Fachkräften - und dass Unternehmen aktuell im Schnitt 14 Tage länger für die Besetzung einer offenen Stelle brauchten als vor einem Jahr.

Nach Angaben des zuständigen BA-Vorstands Heinrich Alt profitieren inzwischen auch zunehmend Hartz-IV-Empfänger von dem langanhaltenden Job-Aufschwung. So sei die Zahl der arbeitslos gemeldeten Hartz-IV-Empfänger innerhalb eines Jahres um 80 000 auf 1,94 Millionen gesunken. „Auch die Aufstocker wachsen nicht weiter“, betonte Alt. Zu den sogenannten Aufstockern gehören Beschäftigte, die wegen ihres geringen Lohn zusätzlich auf die staatliche Grundsicherung angewiesen sind oder ihren Hartz-IV-Bezug mit einem Nebenjob aufbessern.

Die noch immer stabile Lage auf dem Arbeitsmarkt belegt auch die Erwerbstätigenstatistik. Danach ist die Zahl der Menschen mit einem Arbeitsplatz nach den jüngsten Daten vom Oktober binnen Jahresfrist um 477 000 auf 41,55 Millionen gestiegen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze wuchs zuletzt im September sogar um 698 000 auf 28,97 Millionen. Gut die Hälfte davon sind Vollzeit-, die anderen Stellen Teilzeitstellen. Leicht an Bedeutung verlor die Zeitarbeit.

Mit den Rekordtiefständen bei der Arbeitslosigkeit ist es nach Alts Einschätzung allerdings jetzt erst einmal vorbei. Mit dem beginnenden Winter dürfte schon im Dezember die Erwerbslosenzahl wieder steigen. „Im Januar und Februar werden wir dann die Drei-Millionen-Marke mit hoher Wahrscheinlichkeit überschreiten“, prognostizierte der BA-Manager. Nach Abzug solcher jahreszeitlicher Effekte rechnet Alt allerdings mit einer Fortsetzung des Jobaufschwung im ersten Halbjahr 2012.

Auch Vertreter von Regierungs- und Oppositionsparteien sprachen am Mittwoch übereinstimmend von einer erfreulichen Entwicklung. SPD-Generalsekretärin Andreas Nahles sieht dennoch keinen Grund zur Beruhigung. „Die Wirtschaftslage birgt hohe Risiken auch für die Beschäftigungslage.“ Gerade deswegen sei es unverantwortlich, Gelder für die Arbeitsförderung zu streichen, wie es die schwarz-gelbe Bundesregierung tue. Dagegen sieht sich der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, von den jüngsten Zahlen im Kurs der Regierung bestätigt. Mit der Reform der Arbeitsmarktinstrumente werde sich die Lage der Arbeitslosen weiter verbessern.