Front gegen USA bei G7-Treffen Auch Kanada klagt gegen Strafzölle

Whistler (dpa) - Nach der Europäischen Union hat auch Kanada bei der Welthandelsorganisation WTO eine Klage gegen die US-Sonderzölle eingelegt.

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Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland teilte mit, die US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium seien „illegal“ und stünden im Widerspruch zu den Regeln der WTO. Beim G7-Treffen der Finanzminister im kanadischen Whistler war die Stimmung nach der Entscheidung von US-Präsident Donald Trump frostig. So gehe man nicht mit Partnern um, zudem sei das Handeln rechtswidrig, bekam US-Finanzminister Steven Mnuchin zu hören. Es gab eine Front gegen die USA, auch das Wort vom drohenden Handelskrieg macht die Runde.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz betonte nach dem ersten Tag der kontroversen Beratungen in Whistler: „Die Zölle, die die Vereinigten Staaten von Amerika verhängt haben gegen die Europäische Union, sind nicht akzeptabel.“ Sie seien nach Sicht aller Beteiligten mit „den Regeln, die wir weltweit gefunden haben, nicht vereinbar und rechtswidrig“. Das sei mit großer Klarheit der US-Seite vermittelt worden. Er habe den Eindruck, das sei auch verstanden worden. „Insofern ist das auch eine Grundlage, um irgendwann zu verbesserten Ergebnissen zu kommen.“ Die EU sei sehr geschlossen in dieser Frage, betonte der deutsche Vizekanzler.

Von einem tiefen Einschnitt im G7-Bündnis der sieben wichtigsten westlichen Industrienationen war bei Teilnehmern die Rede. Vor allem Kanada, Deutschland, Frankreich und Großbritannien hätten der US-Seite klar gemacht, dass dies Konsequenzen haben werde. Die US-Sonderzölle auf Einfuhren von Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) aus der EU traten am Freitag in Kraft. Auch Mexiko und Kanada, der größte Stahllieferant der USA, fallen darunter.

Die EU und Kanada wollen neben der Klage bei der WTO mit eigenen Zusatzzöllen auf US-Produkte antworten. Die EU-Vergeltungszölle sollen nach einer bereits Mitte Mai bei der WTO vorsorglich eingereichten Liste nach einer 30-Tages-Frist ab 18. Juni auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodukte erhoben werden. Auch amerikanische Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzollsatz soll 25 Prozent betragen. Kanada plant vor allem milliardenschwere Zölle auf Agrarprodukte aus den USA. Das Nachbarland, einer der engsten Verbündeten, fühlt sich massiv von Trump vor den Kopf gestoßen.

„Kanada wird stets kanadische Arbeiter und kanadische Interessen gegen Protektionismus verteidigen, der das internationale Handelssystem untergräbt“, betonte Außenministerin Freeland. Die Begründung, die Zölle zum Schutz von Arbeitsplätzen dienten der Verteidigung der nationalen Sicherheit der USA, wies sie scharf zurück. Auch der deutsche Finanzminister Scholz hatte dies als „fadenscheinig“ bezeichnet. „Kanada wird eng mit der EU zusammenarbeiten, die ebenso die WTO angerufen hat“, so Freeland.

Zudem sieht Kanada eine Verletzung des Freihandelsabkommens Nafta zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Bei den festgefahrenen Verhandlungen über eine Nafta-Reform brachte Trump nun einzelne bilaterale Abkommen mit den beiden Ländern ins Spiel. „Mir würde ein separater Deal mit Kanada und ein separater Deal mit Mexiko nichts ausmachen“, sagte Trump in Washington. Doch ähnlich wie die EU wollen sich auch Mexiko und Kanada in der Frage nicht spalten lassen und den USA gemeinsam die Stirn bieten. Nafta ist nach der gemeinsamen Wirtschaftsleistung eines der größten Handelsabkommen der Welt. Es wurde 1992 unterzeichnet und trat 1994 in Kraft.

Auslöser für Trumps Rundumschlag ist, dass er die US-Interessen untergraben sieht durch billigere Angebote der ausländischen Konkurrenz. Mit den Zöllen sollen Arbeitsplätze in den USA gesichert werden - zugleich könnten aber durch neue Zölle auf US-Produkte Marktanteile von US-Unternehmen im Ausland wegbrechen.

Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond äußerte nach dem Klartext in Whistler dennoch die Hoffnung, dass nächste Woche beim G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 8. und 9. Juni bei Quebec ein Weg hin zu einer Entschärfung eingeschlagen werden könnte. „Wir wissen, der Präsident hat einen sehr individuellen Stil, er mag es, persönlich über diese Themen zu dealen (verhandeln)“, sagte Hammond der Deutschen Presse-Agentur und anderen deutschen Medien. „Da ist eine realistische Chance, dass die Staats- und Regierungschefs spürbare Fortschritte erzielen, wenn sie sich nächste Woche treffen“, betonte Hammond.

Bundesbankpräsident Jens Weidmann rechnet zunächst nicht mit größeren ökonomischen Verwerfungen. „Die unmittelbaren Auswirkungen der jetzigen Beschlüsse sind meines Erachtens begrenzt. Wir reden hier über 0,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union“, sagte Weidmann in Whistler dem ZDF. Eine weitere Eskalation könne aber Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen haben. Der Konflikt sei aktuell eines der größten konjunkturellen Risiken.