Aufschwung drückt Defizit
Deutschland als Musterschüler: Die Neuverschuldung sinkt deutlich.
Wiesbaden. Deutschland gibt sich einmal mehr als Musterknabe: Während Partner wie Spanien oder Italien milliardenschwere Sparpakete schnüren, verringert sich das deutsche Minus in den öffentlichen Kassen scheinbar von selbst: Die Wirtschaft brummte zu Jahresbeginn, das ließ die Steuereinnahmen sprudeln und die Zahlungen an Arbeitslose schrumpfen.
Tatsächlich ist die robuste Entwicklung der deutschen Wirtschaft aber keineswegs vom Himmel gefallen, wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann betont. Vielmehr sei das gute Abschneiden während der Krise auch der Lohn von Reformen früherer Jahre — etwa die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes.
Ob sich der Trend fortsetzt, steht in den Sternen — und wird von nicht wenigen Experten bezweifelt: Die Unsicherheiten im Zusammenhang mit Hilfsprogrammen für die pleitebedrohten Euroländer bestehen fort, und die Banken stehen immer wieder im Verdacht, enorme Risiken in den Büchern zu haben.
Dennoch: Die Schuldensünder im Euroraum sollten sich ein Beispiel an den Erfolgen „Made in Germany“ nehmen, fordert Weidmann: „Die deutsche Volkswirtschaft wurde dadurch deutlich widerstandsfähiger, und diese Reformdividende kann und sollte auch ein Ansporn für die notwendigen Anpassungen in anderen Mitgliedsländern des Euroraums sein.“
Die Folgen für den deutschen Haushalt können sich sehen lassen. Im ersten Halbjahr sank das deutsche Defizit auf 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Aber auch wenn das Defizit vergleichsweise niedrig ausfällt: Es bleibt ein Defizit.
Bis Deutschland einen Überschuss erwirtschaftet und seinen Schuldenberg abtragen kann, wird es noch dauern. Finanzminister Schäuble peilt einen ausgeglichenen Staatshaushalt für 2014 an.
Dennoch sieht DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben bereits Raum für Steuersenkungen. Mit einem Defizit von nur noch 0,6 Prozent rücke die Einhaltung der Schuldenbremse in greifbare Nähe: „Haushaltskonsolidierung über die Ausgabenseite und erste Steuerentlastungen zur Stärkung von Konsum und Investition sind die richtige Botschaft.“