Autoindustrie: „Elektromobilität keine Vision mehr“

Frankfurt/Main (dpa) - Unmittelbar vor dem Start der weltgrößten Automesse sehen die Veranstalter die IAA als Startrampe für das Zeitalter der Elektromobilität.

„Die IAA zeigt: Die Elektromobilität ist keine Vision mehr, die E-Autos kommen jetzt auf die Straße. Die IAA macht damit das Fenster zur Zukunft ganz weit auf“, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, am Montag in Frankfurt vor Beginn der Automesse (12. bis 22.9.). Allein die deutschen Hersteller würden bis Ende kommenden Jahres 16 Serienmodelle mit elektrischem Antrieb auf den Markt bringen. BMW-Chef Reithofer beklagte allerdings mangelnde Anreize für Elektroautos.

Die strengeren Grenzwerte in der EU für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zwingen gerade die deutschen Hersteller dazu, die meist in der Oberklasse Geschäft machen, mehr E-Autos auf die Straße zu bringen. Die Einsparpotenziale durch kleinere Hubräume, weniger Zylinder, Hochaufladung und Leichtbau seien weitgehend ausgeschöpft, betonte Wissmann: „Das für 2020 geplante 95-Gramm-Ziel ist ... nur erreichbar, wenn es bei den Neuzulassungen einen erheblichen Anteil an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben gibt - sprich: Wenn viele Elektroautos gekauft werden.“

Im Kampf um die bislang noch wenigen Käufer von E-Autos in Europa senkt Opel den Preis für seinen Ampera der seit Februar 2012 ausgeliefert wird, deutlich. „Ab sofort gibt es den Innovationsträger Opel Ampera in Deutschland bereits ab 38 300 Euro. Das sind 7 600 Euro weniger als bisher bei identischer Ausstattung“, teilte die Adam Opel AG am Montag in Rüsselsheim mit. Der Hersteller versteht die Preissenkung als „wichtigen Anschub für diese noch immer zu wenig verbreitete, umweltfreundliche Art der Mobilität“.

Hintergrund dürfte aber auch sein, dass BMW und Branchenriese VW auf der IAA eigene Elektroautos präsentieren. Bis Ende 2014 sollen insgesamt 16 neue Elektro-Modelle aus deutscher Produktion bei den Händlern stehen. Der Kleinwagen VW E-Up wird zum Einstiegspreis von rund 27 000 Euro angeboten, der BMW i3 startet bei 35 000 Euro - ohne den kleinen Motor zur Reichweitenverlängerung. Daimlers Smart ist ab knapp 24 000 Euro zu haben, hat aber nur zwei Sitze. Opel-Chef Karl-Thomas Neumann kommentierte den Angriff der Konkurrenz gelassen: „Der Ampera bleibt das Flaggschiff der Elektromobilität in Europa.“

Unterdessen beklagte BMW-Chef Norbert Reithofer mangelnde Anreize für Elektroautos und andere schadstoffarme Wagen. „Brüssel erlaubt nach derzeitigem Stand keine ausreichenden Mehrfachanrechnungen von innovativen Elektroautos für die CO2-Bilanz“, sagte Reithofer der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Das ist nicht das richtige Signal, um einer neuen Technologie in Europa zum Durchbruch zu verhelfen.“

Bosch-Manager Wolf-Henning Scheider rechnet damit, dass das CO2-Ziel der EU von 95 Gramm für die Fahrzeugflotten der Hersteller bis 2020 sich nicht nur auf die Entwicklung von Elektroantrieben, sondern auch auf andere emissionsarme Technologien auswirken wird. „Wir sehen für 2020 die 95 Gramm in der Kompaktklasse mit weiterentwickelten Einspritzsystemen - ohne Elektrifizierung“, sagte der seit Juli für den Bereich Kraftfahrzeugtechnik zuständige Geschäftsführer dem Fachblatt „Automobil Produktion“.

Die 65. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) wird am 12. September von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnet. 159 Weltpremieren sollen die Lust am Neuwagen wecken. Das zweite Top-Thema neben Elektromobilität ist das digital vernetzte Auto, das Hindernisse auch hinter Bergkuppen oder Kurven erkennt.

Wissmann rechnet erneut mit Hunderttausenden Besuchern: „2011 war die Besucherzahl schon außergewöhnlich hoch. Ich wäre froh, wenn wir dieses Ergebnis wieder erreichen.“ 2011 waren 928 000 Besucher gezählt worden. Die Zahl der 1012 Aussteller von der jüngsten IAA wird 2013 mit 1098 übertroffen.